Russland: Wahlbeobachter muss für Jahre ins Straflager
Die Organisation Golos dokumentiert seit Jahren Wahlverstösse in Russland. Nun wurde ihr Co-Vorsitzender Melkonjanz zu Jahren im Straflager verurteilt.

Die unabhängige Wahlbeobachterorganisation Golos dokumentiert seit Jahren Verstösse bei Wahlen in Russland. Nun wurde der Co-Vorsitzende Grigory Melkonjanz (44) zu einer Haftstrafe verurteilt.
Ein russisches Gericht sprach Melkonjanz schuldig, mit einer als «unerwünscht» eingestuften Organisation zusammengearbeitet zu haben, so das «Tageblatt». Das Urteil lautet auf fünf Jahre, wovon noch 2,5 Jahre im Straflager verbleiben, da die Untersuchungshaft angerechnet wird.
Melkonjanz nahm das Urteil laut Medienberichten gefasst entgegen und rief seine Unterstützer zur Zuversicht auf. Die Verteidigung kündigte Berufung gegen das Urteil an.
Feinde im Machtapparat?
Golos gilt laut «FLZ» als renommierteste Wahlbeobachterorganisation in Russland und wurde 2000 gegründet. Die Organisation habe sich durch die Veröffentlichung von Wahlmanipulationen im Machtapparat schnell Feinde, so das «Tageblatt».

Melkonjanz wird vorgeworfen, mit dem offiziell «unerwünschten» European Network of Election Monitoring Organizations (ENEMO) zusammengearbeitet zu haben. Auch Golos selbst steht seit 2021 auf der Liste der «ausländischen Agenten», ist jedoch nicht als «unerwünscht» klassifiziert.
Die Inhaftierung Melkonjanz erfolgte im Sommer 2023, wenige Wochen vor wichtigen Regionalwahlen. Wenige Monate später, und während der Wahlbeobachter in Untersuchungshaft untergebracht war, erfolgte im März 2024 die Präsidentschaftswahl.
Russland und die «Agenten»
In Russland können NGOs, die ausländische Unterstützung erhalten oder mit internationalen Organisationen kooperieren, als «ausländische Agenten» eingestuft werden. Diese Einstufung bringt umfassende Kontroll- und Meldepflichten sowie Stigmatisierung mit sich.
Viele NGOs sehen sich dadurch gezwungen, ihre Arbeit einzustellen oder ins Ausland zu verlagern. Wird eine Organisation oder Einzelperson zusätzlich als «unerwünscht» eingestuft, drohen strafrechtliche Konsequenzen bis hin zu Haftstrafen.