In Russland ist Wahlwochenende. Schon bevor das Resultat klar ist, ist von Manipulationen die Rede. Laut einer Expertin sind diese so ausgeprägt wie nie zuvor.
Ukraine Russland
Ein Russe wählt in der Ostukraine – in den annektierten Gebieten werden die Bürger ebenfalls an die Wahlurne gerufen. Schon im Vorfeld der Wahl in Russland gab es massive Manipulationsvorwürfe. - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Bei den Wahlen in Russland ist Präsident Wladimir Putin klarer Favorit.
  • Dennoch will der Kreml offenbar nichts dem Zufall überlassen.
  • Noch nie war eine Wahl in der Nach-Sowjet-Zeit dermassen manipuliert, sagt eine Kennerin.
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Die Ausgangslage der russischen Präsidentschaftswahl ist einfach: Nur ein Mann hat eine realistische Chance auf das Amt des Kremlchefs. Es handelt sich um den bisherigen Präsidenten Wladimir Putin.

Russland
Wladimir Putin dürfte in aller Deutlichkeit im russischen Präsidentenamt bestätigt werden. - keystone

Klar ist aber auch: Putin will nicht einfach nur einen Wahlsieg – er will einen überzeugenden Wahlsieg. Und um ein gutes Ergebnis zu erzielen, ist der Kreml offenbar bereit nachzuhelfen, wie die deutsche «Tagesschau» berichtet.

Die drei Wahltage von Russland als Türöffner für Manipulationen

Gemäss Russland-Expertin Sabine Fischer ist das Ausmass sogar grösser denn je. Im «ARD»-Interview sagt sie: «Aus meiner Sicht ist es die manipulierteste Wahl, die im postsowjetischen Russland stattgefunden hat.»

Die heutige Russische Föderation ging 1991 aus der Sowjetunion hervor. Seit über 30 Jahren hat Russland also laut Fischer keine so stark manipulierte Wahlen erlebt.

Glauben Sie, dass Putin noch lange an der Macht bleibt?

Fischer macht die Zunahme der Manipulation an verschiedenen Faktoren fest. Ein Aspekt ist die Verlängerung des Urnengangs von einem auf drei Tage. «Das öffnet Tür und Tor für jede Menge Manipulationen», so die Politikwissenschaftlerin. Weiter sei auch die elektronische Wahl ausgeweitet worden – ein weiteres Mittel für gewünschte Anpassungen.

Das alles wird dadurch verschärft, dass es keine unabhängige Wahlbeobachtung gebe, so Fischer. Bei der letzten Wahl 2018 lief noch eine OSZE-Mission – heuer nicht. Dafür sollen zum Beispiel mehrere deutsche AfD-Politiker als sogenannte «Spezialisten für Wahlprozeduren» im Einsatz stehen.

Schwerste Manipulationen schon vor der Wahl

Am schwerwiegendsten sind aber nicht unbedingt die Manipulationen an den Wahltagen selbst. Stattdessen ist es laut Russland-Expertin Fischer die Auswahl der angeblichen Herausforderer von Wladimir Putin. Sie spricht von einem «vollkommen manipulierten» und «kontrollierten Kandidatenfeld».

Auf dem Papier hat Putin bei der diesjährigen Präsidentschaftswahl drei Gegner: Wladislaw Dawankow, Nikolai Charitonow und Leonid Sluzki. Alle drei gelten jedoch als chancenlos. Tatsächliche Vertreter der Opposition wurden wegen Formfehlern nicht zugelassen – beispielsweise Kriegsgegner Boris Nadeschdin.

Boris Nadeschdin
Boris Nadeschdin wäre bei der Wahl wohl auch chancenlos gewesen – aber vielleicht nicht ganz so chancenlos wie...
Leonid Sluzki
...die zugelassenen Leonid Sluzki...
Nikolai Charitonow
...Nikolai Charitonow...
Wladislaw Dawankow
Ginge es nach den Russinnen und Russen in der Schweiz hätte Russland einen neuen Präsidenten: Der 40-jährige Wladislaw Dawankow hat laut Nachwahlbefragungen hierzulande 45 Prozent der Stimmen in Bern und 29 Prozent der Stimmen in Genf erhalten.

Man muss jedoch betonen, dass der amtierende Präsident Putin auch ohne Manipulationen wiedergewählt werden würde. Fischer sagt dazu: «Ich gehe auch davon aus, dass Putin nach wie vor von einer Mehrheit in der Gesellschaft unterstützt wird.» Allerdings dürfte diese Zahl etwas niedriger sein, als es das prognostizierte Wahlresultat vermuten lässt.

Wie Ulrich Schmid von der Universität St. Gallen kürzlich gegenüber Nau.ch sagte, erwartet der Kreml etwa 80 Prozent Stimmenanteil für Putin – bei einer Wahlbeteiligung von etwa 70 Prozent.

Egal, wie man es dreht und wendet und wie die Zahlen letztlich genau aussehen: Am Ende dürfte Putin die Wahl gewinnen – und sich eine weitere Amtszeit bis 2030 sichern.

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