Nobelpreisträger Dmitri Muratow warnt in Genf vor einem Atomschlag im Ukraine-Krieg. Das russische Volk werde durch Propaganda systematisch darauf vorbereitet.
Nowaja Gaseta
Dmitri Muratow ist Chefredaktor der russischen kremlkritischen Zeitung «Nowaja Gaseta». - AFP
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Das Wichtigste in Kürze

  • Chefredaktor Dmitri Muratow wurde in Genf für sein Wirken geehrt.
  • Er warnt davor, Putins Atomwaffen-Drohungen nicht ernst zu nehmen.
  • Die Bevölkerung werde durch Propaganda auf einen Einsatz vorbereitet, mit Erfolg.

Die russische Propaganda über einen Atomwaffeneinsatz im Ukraine-Krieg dürfe man nicht auf die leichte Schulter nehmen. Das sagte Putin-Kritiker und Nobelpreisträger Dmitri Muratow gestern in Genf.

«Ich würde die Möglichkeit nicht ausschliessen, dass Atomwaffen eingesetzt werden», sagte Muratow. Der Chefradakteur der unabhängigen Zeitung «Nowaja Gaseta» bekam am Dienstag bei einer Pressefreiheits-Veranstaltung eine Ehrenmedaille verliehen.

Ukraine Krieg
Russische Soldaten in der zerstörten Stadt Mariupol.
Ukraine Krieg
Unter den russischen Soldaten befinden sich nur selten auch Kinder der Vertreter der russischen Elite wie im Wagner Peskow Fall. (Symbolbild)
Ukraine Krieg
Russische Soldaten auf den Strassen von Mariupol.

Doch der Einsatz solcher Waffen bedeute nicht das Ende des Krieges, sagte Muratow: «Es wäre das Ende der Menschheit». Gleichzeitig hätte das russische Volk «die Furcht vor Atomwaffen längst verloren.» Schuld daran ist die Propaganda des Kremls.

TV bereitet Russen auf Atomschlag im Ukraine-Krieg vor

«Schon seit zwei Wochen hören wir von unseren Fernsehsendern, dass die Atomsilos geöffnet werden sollten», erklärt Muratow. «Und wir hören auch, dass diese schrecklichen Waffen eingesetzt werden sollten, wenn die Waffenlieferungen an die Ukraine fortgesetzt werden».

Ukraine-Krieg
Mit dieser Grafik simulierte das russische Staatsfernsehen zuletzt einen Atomschlag auf London, Paris und Berlin im Ukraine-Krieg. - Screenshot/60 Minutes

Ziel dieser «Berichterstattung» sei es, den Einsatz von Atomwaffen für die russische Öffentlichkeit akzeptabler zu machen, warnte er.

Experte: «Teil der informationellen Kriegsführung»

«Das russische Staatsfernsehen bringt immer wieder Horrorszenarien über einen Atomkrieg», sagte auch Russland-Experte Ulrich Schmid zuletzt gegenüber Nau.ch. Dies sei einerseits als Einschüchterung des Westens und als Machtdemonstration fürs eigene Volk gedacht. «Solche Warnungen gehören zur informationellen Kriegsführung Russlands.»

Nehmen Sie russische Atomdrohungen ernst?

Als die beängstigendste Entwicklung in Russland bezeichnete Muratow aber die «absolute, uneingeschränkte» Macht von Präsident Wladimir Putin. Sollte Putin den Einsatz von Atomwaffen beschliessen, «kann ihn niemand aufhalten, weder das Parlament, noch die Zivilgesellschaft, noch die Öffentlichkeit».

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