Einen Tag nach den verheerenden Explosionen im Hafen von Beirut mit mindestens 113 Todesopfern und tausenden Verletzten ist die internationale Hilfe angerollt.
In den Trümmern am Hafen suchen Helfer nach Opfern
In den Trümmern am Hafen suchen Helfer nach Opfern - AFP
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Das Wichtigste in Kürze

  • Mindestens 113 Tote und 4000 Verletzte durch verheerende Explosionen am Hafen.

Aus den Golfstaaten, anderen Ländern der Region sowie Europa trafen am Mittwoch erste Lieferungen mit Feldlazaretten und Medikamenten ein. Am Abend sollte eine 47-köpfige Einsatzeinheit des Technischen Hilfswerks nach Beirut starten, um bei der Bergung von Verschütteten zu helfen.

Im Hafengebiet der libanesischen Hauptstadt bot sich ein Bild der Verwüstung. «Fast die Hälfte von Beirut ist zerstört oder beschädigt», sagte Gouverneur Marwan Abud der Nachrichtenagentur AFP. Bis zu 300.000 Menschen seien obdachlos geworden. Am Nachmittag stieg die Zahl der Toten auf 113, rund 4000 Menschen wurden teils schwer verletzt, wie Gesundheitsminister Hamad Hassan sagte. Dutzende Menschen würden noch immer vermisst, Helfer suchten unter den Trümmern fieberhaft nach Überlebenden.

Unter den Verletzten waren nach Angaben des Auswärtigen Amts auch Mitarbeiter der deutschen Botschaft. Eine Mitarbeiterin des Goethe-Instituts wurde ebenfalls leicht verletzt. Zur Gesamtzahl der verletzten Deutschen konnte ein Ministeriumssprecher noch keine Angaben machen. «Die Lage vor Ort muss als chaotisch bezeichnet werden», sagte er.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) betonte in einem Kondolenztelegramm an den libanesischen Ministerpräsidenten Hassan Diab, dass sein Land «in dieser schweren Zeit» auf die Unterstützung der Bundesregierung zählen könne.

Auch Bundesaussenminister Heiko Maas (SPD) sicherte den Bewohnern Beiruts die Solidarität Deutschlands zu. «In der Not packen wir mit an», schrieb Maas in einem Gastbeitrag für die «Bild»-Zeitung. Er verwies auf die Einsätze des Technischen Hilfswerks und des Roten Kreuzes. «Mehr Hilfe wird folgen», kündigte der Aussenminister an.

Aus Frankreich sollten noch am Mittwoch drei Flugzeuge mit Rettungskräften, tonnenweise medizinischer Ausstattung und einer mobilen Krankenstation in Beirut eintreffen. Staatschef Emmanuel Macron wollte am Donnerstag in die frühere französische Kolonie fliegen.

Katar schickte Feldlazarette, Kuwait lieferte medizinische Nothilfe. Jordaniens König Abdullah II. kündigte an, ein Feldlazarett zu senden. Die Vereinigten Arabischen Emirate sandten Medikamente und chirurgisches Material. Tunesien bot die Aufnahme und Versorgung von Verletzten an, der Iran wollte ebenso bei der Behandlung von Opfern unterstützen. Selbst das verfeindete Israel bot humanitäre Hilfe an.

Die EU kündigte ebenfalls an, Helfer, Ausrüstung sowie Spürhunde nach Beirut zu schicken. Weitere Hilfsangebote wie Rettungskräfte und Spürhunde kamen unter anderem aus Griechenland, Zypern, den Niederlanden, Tschechien und Polen. Königin Elizabeth II. zeigte sich in einem Kondolenztelegramm an den libanesischen Präsidenten Michel Aoun «zutiefst traurig».

Nach Angaben der libanesischen Regierung waren am Dienstag 2750 Tonnen beschlagnahmtes Ammoniumnitrat detoniert. Das Material sei seit sechs Jahren ohne Vorsichtsmassnahmen in einem Lagerhaus am Hafen untergebracht gewesen. Weshalb das Ammoniumnitrat explodierte, blieb jedoch unklar. Die Substanz kann für Düngemittel oder zur Herstellung von Sprengstoff verwendet werden.

Die zweite der beiden Explosionen war besonders gewaltig. Sie sandte einen riesigen orangefarbenen Feuerball in den Himmel. Die darauf folgende Schockwelle von der Wucht eines Tornados riss die Gebäude im Hafen nieder, kippte Autos um und liess Fensterscheiben in der ganzen Stadt bersten. Der Büroleiter der Friedrich-Naumann-Stiftung in Beirut, Kristof Kleemann, beschrieb die Rauchwolke durch die zweite Explosion als «Pilzwolke wie bei einer Atombombe». Die Krankenhäuser seien «völlig überlastet», sagte er AFP.

Die Detonationen waren im gesamten Land zu hören - und auch im 240 Kilometer entfernten Nikosia auf der Mittelmeerinsel Zypern. Schiffe standen in Flammen, zahlreiche Autos brannten aus. Gouverneur Abud ging von Schäden in Höhe von insgesamt drei bis fünf Milliarden Dollar aus.

Beschädigt wurde auch ein Schiff der Vereinten Nationen: Blauhelmsoldaten der UN-Mission im Libanon (Unifil) wurden teils schwer verletzt. Deutsche Soldaten waren laut dem Bundesverteidigungsministeriums nicht betroffen.

Staatschef Michel Aoun rief eine dreitägige Staatstrauer aus. Zudem wurde ein zweiwöchiger Ausnahmezustand für Beirut erklärt.

Die UNO warnte vor Engpässen bei der Versorgung der libanesischen Bevölkerung mit Grundnahrungsmitteln. Die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) befürchtete, dass ein grosser Teil der im Hafen von Beirut gelagerten Weizenreserven durch die Explosionen zerstört oder beschädigt wurde.

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