Menschenrechte unter Druck – 75 Jahre Konvention
Die Europäische Menschenrechtskonvention wird 75 Jahre alt, gleichzeitig steht der Gerichtshof für Menschenrechte wegen seiner Urteile in der Kritik.

Die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) feiert ihr 75. Jubiläum unter Druck. Über ihre Einhaltung wacht der Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR), den mehrere Länder für seine Rechtsprechung angreifen.
Zudem werden Urteile immer wieder nicht umgesetzt. Dabei sichert die EMRK wichtige Rechte zu, etwa das Recht auf Leben, das Verbot der Folter und die Meinungsfreiheit.
In einem offenen Brief im Mai hatten neun europäische Staats- und Regierungschefs – darunter jene von Dänemark, Italien, Österreich und Polen – den EGMR für seine Auslegung der EMRK in Migrationsfragen kritisiert, weil sie den Handlungsspielraum der Staaten zu stark einschränke.
Der Generalsekretär des Europarats, Alain Berset, sagte der BBC, er sei «absolut bereit und wirklich offen für alle politischen Diskussionen». Dazu gehöre die Diskussion über Migrationsfragen. «Lasst uns (...) sehen, was wir angehen und vielleicht ändern müssen», sagte er.
EGMR-Urteile: Expertin fordert ausgewogenere Debatte
Dana Schmalz, Expertin für Migrationsrecht und Menschenrechte am Max-Planck-Institut für Völkerrecht, wünscht sich eine differenziertere Debatte über die Entscheidungen des EGMR. Wahlweise heisse es, der Gerichtshof sei aktivistisch und schütze Migranten übermässig, oder er sei gekippt und wahre die Menschenrechte nicht mehr, sagte Schmalz der dpa. Für beide Extreme gebe es keine Faktengrundlage, so die Rechtswissenschaftlerin.
Weit verbreiteter als verbale Attacken von Politikern sei aber das «stille Ignorieren von Urteilen», mit dem die Konvention untergraben werde, sagte Schmalz weiter. Der Gerichtshof stelle regelmässig bei den Flüchtlingslagern in Griechenland Verletzungen der EMRK fest. Es ändere sich aber überhaupt nichts.
Die Rechtswissenschaftlerin befürchtet, dass so die tatsächliche Wirkung der Institution und ihrer Entscheidungen abnehme. «Mit jedem Urteil, was die EU-Staaten ignorieren, kratzt man ein bisschen an der Autorität des Gerichtshofs.»
Am 4. November 1950 unterzeichneten die ersten Mitgliedstaaten des Europarats das Abkommen. 1953 trat es in Kraft. Mittlerweile verpflichtet die EMRK die 46 Staaten des Europarats – eine von der EU unabhängige Organisation.














