Haben die Kirchen in der Corona-Krise zu wenig getan, um Kranken und Trauernden beizustehen? Dies findet die ehemalige Ministerpräsidentin Lieberknecht.
Heinrich Bedford-Strohm, Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD)und Georg Bätzing (l), der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz. Foto: Christian Ditsch/epd-Pool/dpa
Heinrich Bedford-Strohm, Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD)und Georg Bätzing (l), der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz. Foto: Christian Ditsch/epd-Pool/dpa - dpa-infocom GmbH
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Das Wichtigste in Kürze

  • Die Kirche soll in der Corona-Zeit zu wenig für Kranke und Trauernde getan haben.
  • Dies findet die ehemalige thüringische Ministerpräsidentin Liebknecht.

Haben die Kirchen in der Corona-Krise zu wenig getan, um Kranken und Trauernden beizustehen? Die ehemalige thüringische Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht ist dieser Auffassung.

Der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm hält die Kritik am Agieren der Kirchen in der Corona-Krise für ungerechtfertigt. «Die pauschale Kritik von Frau Lieberknecht weise ich entschieden zurück», sagte Bedford-Strohm der Deutschen Presse-Agentur.

Kirche habe die Menschen allein gelassen

Für die katholische Seite sagte der Sprecher der Deutschen Bischofskonferenz, Matthias Kopp, das glatte Gegenteil sei richtig: «Unsere Krankenhausseelsorger haben Unglaubliches geleistet, unsere Palliativbegleiter ebenfalls», versicherte Kopp. «Die Kritik von Frau Lieberknecht ist überhaupt nicht nachvollziehbar.»

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Die CDU-Politikerin Christine Lieberknecht sieht das Engagement der Kirche in der Corona-Zeit kritisch. - Keystone

Lieberknecht vertritt die Ansicht, dass die Kirchen die Menschen in den vergangenen Wochen allein gelassen haben. «Da wurde kein letzter Psalm gebetet, es gab keinen Trost, keine Aussegnung am Sterbebett.» Dies sagte die CDU-Politikerin im Interview mit der «Welt».

Auch das Schliessen der Gotteshäuser sei nicht zwingend erforderlich gewesen. «Die Kirche hat in dieser Zeit Hunderttausende Menschen allein gelassen», kritisierte Lieberknecht. «Kranke, Einsame, Alte, Sterbende.»

Seelsorgerinnen und Seelsorgern wird Unrecht getan

Bedford-Strohm warf Lieberknecht vor, damit allen Seelsorgerinnen und Seelsorgern Unrecht zu tun. «Die Kirchen haben unter schwierigsten Bedingungen vielerlei politischer Verbote das ihnen Mögliche getan, um ihren Dienst zu tun.» Nicht wenige hätten dabei auch persönlich viel riskiert. «Eine solche Schelte von politischer Seite ist daher unangemessen», sagte der Landesbischof.

Bedford-Strohm
Bedford-Strohm sieht den Seelsorgerinnen und Seelsorgern Unrecht getan. - Keystone

Ähnlich äusserte sich der langjährige Vorsitzende des Deutschen Ethikrats, der evangelische Theologe Peter Dabrock. «Ich würde schlicht gerne wissen, woher Frau Lieberknecht weiss, dass die Kirchen «hunderttausende Menschen allein gelassen hat». «Bevor man solche, auch in dieser Grössenordnung massiven Vorwürfe erhebt, muss man solide belegen, wie man auf diese Grössenordnung kommt.»

Er wolle sich gar nicht ausmalen, was los gewesen wäre, wenn ältere Menschen wegen des Besuchs ihres Pastors gestorben wären. «Zudem haben sich Pastorinnen und Pastoren sehr engagiert bemüht, über Telefon oder durch Briefe Menschen zu erreichen.» Es sei deshalb unfair, gegen sie Stimmung zu machen. «Gerade auf der lokalen Ebene ist unglaublich viel gemacht worden», sagte Dabrock.

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