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Kindesmissbrauch: Studie zweifelt an EU-Gesetzesvorschlag

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Belgien,

Fotos missbrauchter Kinder überschwemmen Teile des Internets. Die EU-Kommission gibt sich mit einem neuen Gesetzesvorschlag entschlossen. Doch eine Untersuchung stellt den Weg grundsätzlich in Frage.

Die Flagge der EU auf dem Reichstag weht im Wind.
Die Flagge der EU auf dem Reichstag weht im Wind. - Monika Skolimowska/dpa

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Pläne der EU-Kommission im Kampf gegen Bilder missbrauchter Kinder im Internet sind einer Studie zufolge wenig wirksam und verletzen die Grundrechte von Internetnutzern.

Die Anzahl gemeldeter Fälle von Missbrauchsdarstellungen dürfte zwar deutlich nach oben gehen, heisst es in einer Bewertung des Wissenschaftlichen Dienstes im Europaparlament.

Zugleich dürfte die Genauigkeit der Treffer jedoch deutlich ab- und die Belastung der Ermittlungsbehörden dadurch zunehmen. Die Studie, die der Deutschen Presse-Agentur in Brüssel vorliegt, soll an diesem Donnerstag im Innenausschuss des Parlaments präsentiert werden. «Nur selten legen Expertisen des Europäischen Parlaments ein so vernichtendes Urteil zu Gesetzesvorhaben der EU-Kommission vor», sagte der FDP-Abgeordnete Moritz Körner der dpa. «Die EU-Kommission wäre richtig beraten, ihren Vorschlag sofort zurückzuziehen.»

Schlagwort «Chatkontrolle»

Hintergrund ist ein Vorschlag von EU-Innenkommissarin Ylva Johansson vom Mai 2022, mit dem sie die stark zugenommene Verbreitung von Kinderpornografie eindämmen will. Bürgerrechtsorganisationen und andere Kritiker nutzen dafür das Schlagwort «Chatkontrolle». Sie sehen darin einen Versuch, die Kommunikation im Netz inklusive verschlüsselter Nachrichten zu scannen. Auch aus der Bundesregierung kommt Widerstand gegen den Vorschlag, über den die EU-Staaten und das Europaparlament noch verhandeln müssen.

Kritisiert wird vor allem, dass die Pläne nicht nur vorsehen, bereits bekannte Darstellungen aufzuspüren, die über Online-Messenger verschickt werden. Zusätzlich umfassen sie auch das Aufspüren neuer Abbildungen sowie des sogenannten Groomings, bei dem Erwachsene mit Missbrauchsabsicht Kontakt zu Minderjährigen suchen.

Johansson verteidigt ihren Vorschlag bislang vor allem mit Verweis auf geplante Schutzmassnahmen. Zunächst einmal müssten alle Unternehmen analysieren, wie gross das Risiko sei, dass auf ihren Seiten Kinderpornografie geteilt werde. Gegebenenfalls müssten sie dann Gegenmassnahmen ergreifen. Falls dies nicht ausreiche, könne ein Gericht oder eine andere Behörde das Scannen der Inhalte anordnen.

«Gesamtwirksamkeit begrenzt»

Der Wissenschaftliche Dienst des Europaparlaments widerspricht der Schwedin in seiner 140-seitigen Untersuchung. Es wird zwar mehrfach betont, dass die Notwendigkeit, Kinder vor Missbrauch zu schützen, unbestritten sei. Die Einschätzung der Wissenschaftler fällt aber deutlich aus: «Es kann der Schluss gezogen werden, dass die Gesamtwirksamkeit der vorgeschlagenen Rechtsvorschriften begrenzt sein dürfte.» Die vorgeschlagenen Schutzmassnahmen seien unzureichend.

Ein Grund sei unter anderem, dass die Technologien zur Erkennung neuer Inhalte sowie von Grooming unpräzise seien. «Die Mehrheit der befragten Experten geht davon aus, dass dies zu einer Zunahme der gemeldeten Inhalte und einer Abnahme der Genauigkeit führen wird.» Dies werde sich erheblich auf die Belastung der Ermittlungsbehörden auswirken. Zudem verweisen die Wissenschaftler darauf, dass einige Täter auf das Darknet ausweichen würden.

Die Erhebung betont, dass der Vorschlag unter anderem gegen das Verbot der pauschalen Vorratsdatenspeicherung verstossen würde. Dieser Verstoss gegen die EU-Grundrechtecharta könne nicht gerechtfertigt werden. Verschlüsselte Kommunikation werde durch die Pläne grundsätzlich in Frage gestellt. Die geplante Einrichtung eines EU-Zentrums im Kampf gegen Kindesmissbrauch bewerten die Autoren der Erhebung dagegen grundsätzlich positiv.

Bislang keine Verständigung

Vor dem Wissenschaftlichen Dienst des EU-Parlaments hatten bereits Europas oberste Datenschützer ein vernichtendes Urteil über die Vorschläge gefällt. Dabei ging es vor allem um schwerwiegende Bedenken mit Blick auf die Privatsphäre und die personenbezogenen Daten Einzelner.

Bislang haben sich weder das Parlament noch die EU-Staaten auf eine Haltung zu dem Gesetzesvorschlag verständigt. Sobald beide Seiten sich positioniert haben, müssen sie miteinander verhandeln. Endlos Zeit haben sie nicht. Am 3. August 2024 läuft eine Übergangsregelung aus. Danach dürfen die Plattformen die Nachrichten ihrer Nutzer scannen – allerdings nur auf bereits bekanntes Material, nicht auf neue Darstellungen oder Grooming.

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