Videoüberwachung für Kopftuchpflicht im Iran
Medienberichten zufolge hat der Iran in vielen Städten, darunter Teheran, Isfahan und Schiras, Videoüberwachung zur Kontrolle der Kopftuchpflicht eingeführt.

Der Iran hat in mehreren Grossstädten Medienberichten zufolge Videoüberwachung zur Kontrolle der Kopftuchpflicht gestartet. Betroffen waren unter anderem die Hauptstadt Teheran sowie die Millionenmetropolen Isfahan und Schiras, wie die Zeitung «Etemad» berichtete.
Frauen, die sich in der Öffentlichkeit ohne das im Iran vorgeschriebene Kopftuch zeigten, erhielten demnach Verwarnungen per SMS. Eine derartige Überwachung war bislang auf den Strassenverkehr beschränkt.
Das Thema beschäftigt inzwischen auch die Staatsführung. In einem Interview der Nachrichtenagentur Ilna sagte Irans Vizepräsidentin Sahra Behrus Asar zu, der Sache nachzugehen. «Wir bemühen uns zu klären, woher diese SMS stammen, mit welchem Ziel sie verschickt werden und auf welcher gesetzlichen Grundlage dies geschieht», sagte sie.
Umstrittene Strafreform auf Eis
Hintergrund ist, dass viele Frauen in den Grossstädten die islamischen Kleidungsvorschriften ignorieren – teils aus Protest, teils als Ausdruck von Selbstbestimmung. Auslöser waren die landesweiten Proteste im Herbst 2022 unter dem Motto «Frau, Leben, Freiheit». Konservativen Hardlinern ist die offene Missachtung der Regeln ein Dorn im Auge.
Die Regierung des moderat-konservativen Präsidenten Massud Peseschkian hatte nach Amtsantritt im Sommer 2024 einen moderateren Umgang mit der gesellschaftlichen Realität in Aussicht gestellt, ohne jedoch die Kopftuchpflicht selbst infrage zu stellen. Eine umstrittene Strafrechtsreform liegt derzeit auf Eis.
Regierung ist die Massnahme bekannt
Regierungssprecherin Fatemeh Mohadscherani bestätigte den Vorgang am Dienstag, verwies jedoch auf die «bitteren Erfahrungen der Vergangenheit» – eine mögliche Anspielung auf das gewaltsame Vorgehen gegen die Proteste vor knapp drei Jahren.
Auslöser der Demonstrationen damals war der Tod der jungen iranischen Kurdin Jina Mahsa Amini. Sie war im Herbst 2022 von der Sittenpolizei wegen angeblicher Verstösse gegen die islamischen Kleidungsvorschriften festgenommen worden und starb wenig später in deren Gewahrsam.
Seither tritt die Moralpolizei deutlich zurückhaltender auf – auch, weil sie zunehmend auf Widerstand stösst. Stattdessen setzen die Sicherheitsbehörden inzwischen verstärkt auf juristische Massnahmen, etwa durch das Festsetzen von Fahrzeugen bei wiederholten Verstössen gegen die Kopftuchpflicht.
Frauen tragen Sonnenbrillen gegen Videoüberwachung
Aus informierten Kreisen in Teheran hiess es, dass es sich nicht um eine koordinierte Massnahme der Polizei oder Sittenwächter handele.
Aus der Hauptstadt berichteten einige Frauen, dass sie inzwischen lieber mit Sonnenbrille aus dem Haus gingen, um einer Identifizierung durch die Kameras im öffentlichen Raum zu entgehen. Die Kopftuchpflicht gilt seit mehr als vier Jahrzehnten als ideologische Säule der Islamischen Republik.