Johnson fordert Misstrauensvotum gegen eigene Regierung
Das britische Parlament ist heute aus der Zwangspause zurückgekehrt. Premierminister Johnson will jetzt ein Misstrauensvotum gegen seine eigene Regierung.
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Das Wichtigste in Kürze
- Heute tagte das britische Parlament erstmals nach der Zwangspause wieder.
- Dabei wurden schon hitzige Debatten geführt.
Mit dem berühmten «Ooorder» hat der Unterhaus-Sprecher John Bercow die Kollegen willkommen geheissen. Er fasste zunächst einmal die Ereignisse zusammen und bedankte sich beim Personal des Parlamentsgebäudes für ihren «unglaublichen Einsatz in den letzten 24 Stunden».
Die Richter des Obersten Gerichts hatten am Dienstag die von Johnson verfügte Zwangspause gekippt. «Die Parlamentssprecher haben daraufhin den Auftrag erhalten, die beiden Kammern so schnell wie möglich wieder zusammenzurufen, um über einen Weg nach vorne zu entscheiden», so Bercow in der Ansprache.
Hitzige Debatten
Schon kurz darauf ging es wieder hoch her: Der britische Generalstaatsanwalt Geoffrey Cox musste sich den Fragen der Abgeordneten stellen. Diese wollten von ihm wissen, ob er dem Premierminister Boris Johnson zu dieser Zwangspause geraten hatte. Die Info war im Vorfeld geleakt worden.
Cox sah sich daraufhin auch Rücktrittsforderungen ausgesetzt. Sowohl er, wie auch Boris Johnson wollen jedoch an ihrem Amt festhalten.

Cox hatte dem Parlament später das «moralische Recht» abgesprochen, zu tagen. «Dieses Parlament ist ein totes Parlament», sagte der Tory-Politiker. Der juristische Berater der Regierung wirft den Abgeordneten vor, den Brexit verhindern zu wollen und das Ergebnis des Referendums von vor drei Jahren zu untergraben.
Johnson muss sich unangenehmen Fragen stellen
Für Johnson, der erst vor zwei Monaten das Amt des Premierministers übernommen hat, war das Urteil des Supreme Courts die bislang heftigste Niederlage. Am Abend musste auch er sich den Fragen der Abgeordneten stellen.
Doch zuerst forderte der Premierminister das Unterhaus auf, des Referendum zu akzeptieren. In seiner Rede machte er klar, was er vom Urteil hält. «Es ist falsch», rief Johnson unter lautem Protest der Opposition.

Er forderte nochmals Neuwahlen – hat aber jetzt eine neue Idee. Anstatt Neuwahlen auszurufen, was eine zwei-Drittel-Mehrheit benötigt, will er die Opposition zu einem Misstrauensvotum gegen seine eigene Regierung anstiften – wofür es nur eine einfache Mehrheit braucht. Damit hätte Johnson keinen Regierungsauftrag mehr.
Sollte die Opposition dann in zwei Wochen keine Regierung bilden können, müssten Neuwahlen ausgerufen werden. Doch diese möchte zuerst, dass der Premierminister den Brexit verschiebt. Damit wäre Johnsons zentrales Versprechen, der Austritt aus der EU am 31. Oktober – komme was wolle – Geschichte.