Zur Vermeidung von zunehmendem Nationalismus und langfristigen Spaltungen zwischen den Mitgliedsstaaten müssen die Pläne für ein EU-Konjunkturprogramm nach Ansicht der italienischen Regierung ehrgeiziger sein.
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Italiens Regierungschef Conte - World Health Organization/AFP/Archiv
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Das Wichtigste in Kürze

  • Conte: Zur Vermeidung von Nationalismus und Spaltungen «noch viel mehr» nötig.

Der italienische Ministerpräsident Giuseppe Conte begrüsste am Mittwoch in einem Gastbeitrag auf der Website «Politico» das von Frankreich und Deutschland vorgeschlagene 500-Milliarden-Euro-Programm als «einen mutigen und bedeutenden Schritt», es müsse aber «noch viel mehr getan werden».

Die Corona-Pandemie sei ein «symmetrischer Schock, der alle Länder und Regionen betrifft und der von einzelnen Staaten allein nicht wirksam bewältigt werden kann», schrieb Conte. «Wenn wir zulassen, dass die Corona-Krise die wirtschaftlichen und sozialen Unterschiede in der EU vergrössert, werden wir die Flammen des Nationalismus anfachen und die langfristigen Spaltungen in unserer Union vergrössern», hiess es weiter.

Der italienische Regierungschef betonte, Europa könne es sich nicht leisten, Fehler der Vergangenheit zu wiederholen, «indem es zu wenig tut oder zu langsam reagiert». Mit einem zu späten Handeln riskiere die Union eine «starke Verschärfung der Divergenzen zwischen den EU-Mitgliedsländern». Conte kritisierte, einige Länder würden «Druck ausüben, um einen 'Business-as-usual'-EU-Haushalt und einen bescheidenen Rettungsfonds mit einem vernachlässigbaren Anteil an Zuschüssen zu fordern». Eine solche Haltung zeige, dass sie den Ernst der Lage nicht erkannt hätten, warnte Conte.

Deutschland und Frankreich hatten zu Beginn der Woche einen «Fonds zur wirtschaftlichen Erholung» im Umfang von 500 Milliarden Euro vorgeschlagen, um die schwere Rezession in der EU durch die Corona-Pandemie zu bekämpfen. Anders als bei bisherigen Massnahmen geht es dabei nicht um Kredite, sondern um Zuschüsse aus dem EU-Haushalt für die am stärksten betroffenen Länder, die nicht zurückgezahlt werden müssen. Die EU-Kommission soll zur Finanzierung gemeinsame Schulden aufnehmen.

Volumen, Finanzierung und Auszahlungsmodalitäten des Fonds sind aber hoch umstritten. Nördliche EU-Länder lehnten es bisher ab, dass dafür von der EU-Kommission Schulden aufgenommen werden, die dann als nicht rückzahlbare Finanzhilfen an betroffene Staaten weitergereicht werden. Länder wie Frankreich, Italien und Spanien bestehen dagegen auf solche Transferzahlungen, um ihre ohnehin schon grosse Verschuldung nicht noch weiter zu erhöhen.

Die Niederlande, Österreich, Dänemark und Schweden wollen nun laut dem niederländischen Ministerpräsidenten Mark Rutte eine Alternative zum deutsch-französischen EU-Hilfsplan vorlegen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hätten «einen wichtigen Beitrag zur Diskussion geleistet», sagte Rutte am Mittwoch in Den Haag. Die vier EU-Staaten wollen demnach aber einen eigenen Plan vorlegen, der Ländern, die von den EU-Hilfen profitieren, verbindlichere Reformzusagen abverlangt.

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