Zum ersten Mal seit fast drei Jahren treffen sich die Regierungen Israels und Deutschlands wieder zu Konsultationen. Das Thema Iran überschattet die Gespräche.
Der israelische Präsident Reuven Rivlin (M) spricht bei einem Treffen mit der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel (l).
Der israelische Präsident Reuven Rivlin (M) spricht bei einem Treffen mit der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel (l). - dpa
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Das Wichtigste in Kürze

  • Angela Merkel ist mit mehreren deutschen Ministern in Israel für Regierungskonsultationen.
  • Die Länder wollen die Zusammenarbeit im Bereich Wirtschaft und Wissenschaft ausbauen.
  • Doch auch andere politische Punkte stehen auf der Agenda.

Israel hat Deutschland dazu aufgefordert, sich im Kampf gegen eine nukleare Aufrüstung des Irans an seine Seite zu stellen. Bei einem Treffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel in Jerusalem kritisierte der israelische Präsident Reuven Rivlin heute Donnerstag die Europäische Union für Handel mit Israels Erzfeind. Rivlin rief Europa dazu auf, sich neuen Sanktionen gegen Teheran anzuschliessen. «Das iranische Monster muss ausgehungert, nicht gefüttert werden.» Nur so lasse sich globale Stabilität gewährleisten.

«Wir bitten Deutschland, sich an unsere Seite zu stellen, in der Forderung, das iranische Atomprogramm zu überwachen, und es dem Iran nicht zu erlauben, gegen seine Zusagen zu verstossen», sagte Rivlin zudem.

Nukleare Bewaffnung verhindert

Die Kanzlerin war am Mittwochabend mit Ministern ihres Kabinetts zu regelmässigen Konsultationen in Jerusalem angekommen. Merkel betonte heute Donnerstag bei einem Treffen mit Studenten in Jerusalem, sie sei sich mit der israelischen Regierung völlig einig, dass eine nukleare Bewaffnung des Irans verhindert werden müsse. Allerdings sei man sich über den Weg dahin nicht einig. Die Bedrohung Israels durch den Iran habe deutlich zugenommen. Im syrischen Bürgerkrieg stünden iranische Truppen direkt hinter den Golanhöhen.

Das 2015 geschlossene internationale Atomabkommen mit dem Iran ist einer der zentralen Konfliktpunkte zwischen den Regierungen Deutschlands und Israels. Der israelische Regierungschef Benjamin Netanjahu wirft Merkel einen zu sanften Kurs gegenüber Teheran vor. Deutschland und andere EU-Staaten wollen das Abkommen im Gegensatz zu den USA retten.

Ehrendoktorwürde

Die Universität Haifa verlieh der Kanzlerin heute Donnerstagmorgen eine Ehrendoktorwürde. Die Hochschule begründete die Ehrung mit dem Führungsstil der Kanzlerin, der auf den Prinzipien von Gleichheit, Freiheit und Menschenrechten basiere. Merkel nannte die mit Israel aufgebaute Freundschaft bei der Verleihung im Israel-Museum ein «unschätzbares Geschenk», gerade vor dem Hintergrund des Holocaust.

Zuvor hatte Merkel die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem besucht und dort einen Kranz niedergelegt. Mit einem Eintrag ins Gästebuch erinnerte sie an die «beispiellosen Verbrechen des Zivilisationsbruchs der Shoah». Daraus erwachse «die immerwährende Verantwortung Deutschlands, an dieses Verbrechen zu erinnern und Antisemitismus, Fremdenfeindlichkeit, Hass und Gewalt entgegenzutreten».

Bei einem Treffen Merkels mit Netanjahu vereinbarten beide Seiten am Mittwochabend eine engere Zusammenarbeit in den Bereichen Wirtschaft, Wissenschaft und Cybersicherheit. Heute Donnerstag trafen Merkel und Netanjahu Wirtschaftsvertreter beider Länder. Netanjahu sagte, Deutschland sei eine der führenden Wirtschaftsnationen und die Möglichkeiten der Zusammenarbeit seien hervorragend. Deutschland und Israel träten in eine neue Phase ihrer Beziehungen ein. «Zusammen können wir es besser.» Merkel sagte, Israel habe sich zu einem «lebendigen Forschungsland» entwickelt.

Reihe weiterer Vereinbarungen

Zwischen dem israelischen Wirtschaftsministerium und dem Bundesforschungsministerium solle bereits eine Absichtserklärung über technologischen Informationsaustausch unterzeichnet sowie gemeinsame Projekte bei der Künstlichen Intelligenz, bei Cybersicherheit und Nanotechnologie angegangen werden, teilte Netanjahus Büro mit. Auch solle es eine Reihe weiterer Vereinbarungen geben. Eine solle es ermöglichen, im kommenden Jahr die Gurlitt-Sammlung im Israel-Museum zu zeigen. In der Sammlung befinden sich Kunstwerke, bei denen der Verdacht besteht, dass es sich um NS-Raubkunst handeln könnte.

Weiteres Thema bei den Gesprächen dürfte die umstrittene israelische Siedlungspolitik in den Palästinensergebieten sein. EU und Deutschland dringen immer wieder auf Friedensgespräche Israels mit den Palästinensern und wollen eine Zweistaatenlösung. Gespräche mit den Palästinensern waren bei Merkels Besuch allerdings nicht geplant.

Zu der Kontroverse über die geplante Räumung des Beduinendorfes Chan Al-Achmar im Westjordanland bekräftigte Merkel, eine Absage der Konsultationen wegen einer möglichen Evakuierung sei zu keinem Zeitpunkt beabsichtigt gewesen.

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