Rein mit der Erkrankung am Coronavirus ist es nicht vorbei. Jeder Vierte leidet an Long-Covid-Symptomen. Nun zeigt sich: Die Impfung kann entgegenwirken.
Moderna Swissmedic
Eine Fachperson bereitet die Moderna-Impfung gegen das Coronavirus vor. - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Von Long-Covid spricht man, wenn Krankheitssymptome zwölf Wochen oder mehr andauern.
  • Gemäss einer Schweizer Studie leidet jeder Vierte nach sechs Monaten noch unter Symptomen.
  • Immer mehr Geimpfte berichten, dass die Impfung gegen Long-Covid hilft.

Es ist der lange Schatten des Coronavirus: Long-Covid. Denn noch ist vieles über die Langzeitfolgen im Dunkeln. Etwa, wie viele konkret unter anhaltenden Folgen nach einer Erkrankung am Coronavirus leiden. Die bisher grösste Studie aus China verheisst nichts Gutes: Drei Viertel der untersuchten hospitalisierten Patienten litten sechs Monate später unter mindestens einem Symptom.

Eine Studie des Zürcher Epidemiologen Milo Puhan hat kürzlich nachgewiesen, dass jeder Vierte sechs Monate später noch unter Long-Covid-Symptomen leidet. Untersucht wurden auch solche mit milderen Verläufen. Einer davon ist Jonas M.*

Heute sagt er: «Seit der Impfung bin ich frei von Long-Covid!» Ein Phänomen, dass noch spärlich erforscht wurde, aber weltweit für Hoffnung sorgt. Aber von vorne.

«Nachts wach geworden und glaubte, das Bett sei in Flammen»

Der 40-Jährige aus dem Elsass infizierte sich vor einem Jahr mit dem Coronavirus. Seither ging er durch die Hölle, wie er Nau.ch erzählt.

Am 16. März letzten Jahres treten die ersten Symptome auf: Halskratzen, brennende Lunge, Erkältungssymptome. M. und seine Freundin haben sich bei einer Geburtstagsfeier infiziert.

Nach ein paar Tagen geht es bereits wieder besser, M. beginnt im Homeoffice wieder zu arbeiten. Doch im April kehren die ersten Symptome zurück.

Zur brennenden Lunge kommen Müdigkeit, Schwindel und Ohnmachtsgefühle hinzu. «Ich bin nachts wach geworden und glaubte, das Bett sei in Flammen.»

Nach mehreren Untersuchungen bei Ärzten und Infektiologen kommt die Gewissheit: Es handelt sich um eine Form von Long-Covid. Und diese hat es in sich.

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Eine Corona-Erkrankung kann ernste Organschäden zur Folge haben. (Symbolbild) - Keystone

Im August kommen Lähmungserscheinungen im Oberkörper und Gesicht dazu. Immer wieder erlebt M. Rückfälle. «Das Coronavirus hat sich zur Dauer-Grippe entwickelt.»

M. reduziert seine Arbeitszeit, streicht mangels Energie Freizeitaktivitäten und sucht immer wieder Ärzte auf. Diese stellen fest: Er hat keine neutralisierenden Antikörper, keine Langzeitantikörper. Die Ärzte befürchten, die Mutationen könnten dem bereits stark geschwächten Körper weiteren Schaden zufügen.

M. und seine Freundin erhalten darum einen Impftermin. Am 8. März wird ihnen die erste Dosis des mRNA-Impfstoffes von Biontech gespritzt.

Seither geht es bergauf. Nach wenigen Tagen gehen die Symptome zurück und das Gefühl der tauben Stellen kehrt langsam zurück.

«Wir fühlen uns deutlich besser», freut sich M. Und damit steht er nicht alleine da: Weltweit werden immer mehr ähnliche Fälle bekannt.

Gegen Coronavirus Geimpfte fühlen sich häufig besser

Ob die Impfung gegen das Coronavirus tatsächlich auch Long-Covid bekämpft, ist noch spärlich erforscht. Studien dazu gibt es bislang nicht. Dennoch zeigt sich der oberste Schweizer Impfchef Christoph Berger zuversichtlich.

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Christoph Berger ist Präsident der Eidgenössischen Kommission für Impffragen EKIF. - keystone

Dass eine mRNA-Impfung gegen Long-Covid hilft, «ist durchaus möglich», so Berger zu Nau.ch. Ähnliche Fälle seien bereits in England aufgetaucht, auf Social Media berichten Dutzende Geimpfte und Ärzte von Long-Covid-Heilungseffekten.

Der amerikanische Infektiologe Daniel Griffin schätzt gar, dass sich 40 Prozent seiner Long-Covid-Patienten nach der Impfung besser fühlen.

Die grosse Frage ist nur: Weshalb? Inwiefern die Impfung gegen Long-Covid helfen kann, ist gemäss Berger noch unzureichend geprüft. Dafür gilt es zu erklären, weshalb überhaupt Long-Covid-Symptome auftreten.

«Eine Erklärung wäre, dass sich Viruspartikel oder Antigen einnisten können.» Man spricht hier von persistenten Viren, das Coronavirus kann also an bestimmten Orten im Körper überleben. Die Impfung könnte das hartnäckige Virus also endgültig eliminieren.

Eine weitere Erklärung für Long-Covid ist gemäss Berger, «dass die Immunantwort auf das Virus, also die Abwehr nicht aufhört». Auch hier könnte die Impfung das ständige Entzünden hemmen. «Nützt die Impfung hier tatsächlich, wäre es gar eine therapeutische Impfung.»

Impfung für Junge umso wichtiger

Weltweit nehmen sich Forscher der Thematik an. Für Christoph Berger steht nicht zuletzt daher fest: «Wir müssen gerade bei jungen Leuten genauer hinschauen, wie sich die Long-Covid-Symptome zusammensetzen.»

Insbesondere, da die jüngere Generation oft asymptomatische oder milde Verläufe einer Covid-Erkrankung vorweist. Dennoch aber nicht so selten unter Long-Covid leidet.

Lassen Sie sich gegen Corona impfen?

Erwiesen ist, dass die Impfung vor einer Erkrankung mit dem Coronavirus und dementsprechend vor Long-Covid schützt. «Auch gegen milde und asymptomatische Infektionen.» Daher sei es äusserst wichtig, auch jungen Erwachsenen die Impfung zu ermöglichen, betont Berger, «sie ist die beste Prävention».

*Name von der Redaktion geändert.

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