Das «Ibiza-Video» hat in Österreich eine Staatskrise ausgelöst. Nun klärt ein angeblicher Insider einige Fragen, ob es Hintermänner gibt, bleibt jedoch unklar.
Österreich Ibiza Video FPÖ
In Österreich sorgte das Ibiza-Video für Aufsehen: Heinz-Christian Strache, ehemaliger Parteiobmann der FPÖ, neben der vermeintlichen Russen-Oligarchin 2017. - Der Spiegel/SZ
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Das Wichtigste in Kürze

  • Wer steckt hinter dem Skandal-Video, das Österreich in seinen Grundwerten erschütterte?
  • Einige Antworten dazu liefert nun ein zwielichtiger Kronzeuge aus der Spionagewelt.
  • Über die Auftraggeber kann jedoch weiterhin nur spekuliert werden.

In einem Skandal-Video bot FPÖ-Mann Heinz-Christian Strache einer angeblichen Oligarchen-Nichte Staatsaufträge gegen Wahlkampf-Hilfe an. Als Konsequenz trat Strache als Vizekanzler zurück, die ÖVP-FPÖ-Koalition zerbrach und die Regierungskrise wandelte sich schnell zur Staatskrise. Seither rätselt die Welt darüber, wer sich genau für das Video verantwortlich zeichnet und vor allem wer die Auftraggeber waren.

Am Dienstag wurde die Spurensuche dabei erstmals etwas konkreter. Laut dem zurückgetretenen FPÖ-Politiker Johann Gudenus – er übersetzte im Video auf Russisch – hatte ein Wiener Anwalt die Treffen vermittelt (Nau berichtete).

Heinz-Christian Strache FPÖ
Heinz Christian Strache (FPÖ) musste nach dem Ibiza-Skandal-Video zurücktreten. - dpa

Antworten erhofften sich deswegen viele von Jan Böhmermann. Der deutsche Satiriker wollte zwar nichts mit der Produktion und der Verbreitung am Hut haben, wusste aber wohl von der Existenz des brisanten Videos. Als er dann für Mittwochabend ein «kleines Special» ankündigte, war für viele klar, worum es ging. Doch das «Special» hatte nur indirekt mit Österreich zu tun (Lesen Sie hier mehr).

Zwielichtiger Kronzeuge über Macher des Videos

Der Mittwochabend hatte für den «Ibiza-Gate» trotzdem eine tiefere Bedeutung. Denn ein österreichischer TV-Sender lieferte zumindest einige neue Details zum mutmasslichen Macher der Aufnahmen. «oe24.tv» beruft sich dabei auf einen angeblichen Insider.

Dieser Insider heisst Sascha Wandl und ist ein eher zwielichtiger Kronzeuge. Denn Wandl war nach eigener Auskunft früher Sicherheitsberater der Unterwelt. Mittlerweile will er zwar ausgestiegen sein, doch es läuft auch ein Prozess gegen ihn. Vorwurf: Spionage!

Sascha Wandl TV Ibiza
Sascha Wandl sprach auf dem Sender «Oe24» am Mittwochabend über das Skandal-Video. Seine Aussagen blieben unbestätigt und sind zum jetzigen Zeitpunkt nicht überprüfbar. - Screenshot/Oe24

Kronzeuge Wandl behauptet in dem Bericht (Kaugummi kauend), dass ein ehemaliger Geschäftspartner die Videofalle gemeinsam mit dem Wiener Anwalt gelegt habe. Den Geschäftspartner, der sowohl in München als auch in Wien gemeldet sei, habe er auf dem Video erkannt.

Er habe ihn und den Wiener Anwalt sogar höchstpersönlich miteinander bekannt gemacht, so Wandl. Konkrete Informationen über mögliche Absprachen der beiden und Details zu Hintermännern habe er aber nicht.

So entstand das Video laut dem Insider

Brisant: Wandl behauptet, er habe den mutmasslichen Filmemacher selbst im Bereich Spionage ausgebildet. «Das Ibiza-Video trägt genau meine Handschrift», so der Kronzeuge. Die Kosten für die Produktion beziffert der Insider mit «300'000 bis 600'000 Euro».

Das Vorgehen sei in der Branche Standard. 15 bis 25 Kameras brauche man für eine solche Aktion – mit Bewegungsmelder und automatischem Umschalt-Mechanismus. «Eine Regie oder Schaltzentrale ist dafür nicht notwendig», so Wandl.

Die angebliche Nichte sei vermutlich alleine nach den Sprachkenntnissen ausgesucht worden. Der Insider vermutet eine Frau aus dem Rotlichtbereich. Als Hintergrund spekuliert er auf einen politischen Auftraggeber, der den Fall anregte. Dann sei das Ergebnis aus finanziellen Gründen verkauft und später für «bis zu 5 Millionen Euro angeboten» worden sein.

Wer sind die Hintermänner?

Unklar bleibt weiterhin, ob es in dem Fall Hintermänner gab oder das Ganze einfach nur ein Ganoven-Stück war, das sich zur Staatsaffäre ausweitete. Und warum sollte ein Video erst für bis zu 600'000 Euro produziert, dann für Millionen Euro zum Kauf angeboten und schliesslich an Redaktionen verschenkt werden?

Ein Bericht in der «Zeit» könnte zumindest darauf eine Antwort geben. Demnach seien bei der Video-Falle ein grösseres «Geflecht an Personen mit unterschiedlichen Zielen» beteiligt gewesen. Bereits 2018 hätten Mittelmänner versucht, das Video für eine siebenstellige Summe an Medien zu verkaufen. Ohne Erfolg.

Deshalb sei der Clip unter anderem Jan Böhmermann angeboten worden. Dieser wollte auch nicht bezahlen, habe aber dafür die Urheber des Videos mit seinen Andeutungen im April 2019 gehörig aufgeschreckt. Aus Angst enttarnt zu werden, hätten sich die Hintermänner entschieden das Video ohne Gegenleistung an den «Spiegel» und die «Süddeutsche» zu übergeben.

FPÖ Böhmermann
Ein Tag vor dem Skandal mit Vize-Kanzler Heinz-Christian Strache verkündete Böhmermann in seiner Sendung: «Kann sein, dass morgen Österreich brennt». Nun veröffentlichte er ein Video, in dem er gemeinsam mit europäischen Satirikern über Europa singt. - Keystone
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