Am Sonntag stürmte in Amsterdam ein Unbekannter die Bühne, als Greta Thunberg über Palästina sprach. In einem Interview erklärt der Mann seine Beweggründe.
Ein Unbekannter entreisst Greta Thunberg das Mikro, während sie an einer Klima-Demo in Amsterdam über Palästina spricht. - @Captain_Witty_1

Das Wichtigste in Kürze

  • Am Sonntag entriss ein Mann bei einer Klima-Demo Greta Thunberg das Mikrofon.
  • Nun spricht der 65-jährige Erjan Dam in einem Interview über seine Beweggründe.
  • Der pensionierte Physiotherapeut und Klimaschützer habe sich «missbraucht gefühlt».
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Am Sonntag sorgte ein Demonstrant bei einem Klima-Protest in Amsterdam für weltweite Schlagzeilen. Der Unbekannte entriss Greta Thunberg das Mikrofon, als die junge Schwedin über Palästina spricht. «Ich bin für eine Klimademonstration hierhergekommen, nicht für politische Ansichten», rief der Mann.

Thunberg und der Unbekannte rangeln einige Sekunden um das Mikro, dann wird er von Sicherheitskräften abgeführt. Das Video ging am Montag um die Welt: Greta-Hasser feiern den Unbekannten, Greta-Fans sind schockiert. Die Szenen offenbaren, wie tief der Krieg im Nahen Osten, die «Fridays for Future»-Bewegung gespalten hat.

Greta Thunberg setzt sich an Klima-Demos für Palästina ein - finden Sie das in Ordnung?

Das zeigt sich auch im «Spiegel»-Gespräch mit Erjan Dam. Dam ist der Mann in der giftgrünen Jacke, der am Telefon gegenüber dem Magazin sagt: «Ich habe Greta Thunberg immer bewundert, sie ist eine mutige Frau. Aber wenn sie jetzt ständig über Palästina statt Klimaschutz spricht, tut das der Bewegung nicht gut.»

Der Grund, warum er auf die Barrikaden gegangen sei, habe damit zu tun, dass er sich «missbraucht» gefühlt habe. Auch viele andere Teilnehmer hätten sich so gefühlt, meint Dam. Er sei mit etwa 15 Bekannten und Gleichgesinnten aus seiner Region extra für die Demonstration nach Amsterdam gereist.

Greta Thunberg
Erjan Dam, hier links im Bild, entriss Greta Thunberg am Sonntag bei einer Klimaschutz-Demo in Amsterdam das Mikrofon. Der 65-jährige pensionierte Physiotherapeut störte sich an den Palästina-Reden der Bewegung. - Keystone

«Aber bei dem Protest ging es kaum um den Klimaschutz oder die Umwelt, sondern hauptsächlich um das Palästinaproblem.» Ständig hätten Redner auf dem Podium über den Nahen Osten gesprochen und manche auch die «Stimmung gegen Israel» angeheizt. «Dabei waren wir doch gekommen, um für den Klimaschutz zu protestieren.»

«Greta Thunberg sorgt mit Palästina-Reden für Uneinigkeit»

Im Interview erwähnt der 65-jährige pensionierte Physiotherapeut weiter, dass er öfter mal an Demonstrationen teilnimmt. Als Klimaaktivist würde er sich aber selbst nicht bezeichnen. Er wird zudem auch etwas konkreter und erklärt, warum er glaubt, dass Gretas Palästina-Reden der Klimaschutzbewegung schaden.

«Die Klimakrise bedroht uns alle – egal woher wir kommen, welche Religion, welches Alter oder welche politischen Überzeugungen wir haben. Wenn wir Klimaschützer uns einig sind, können wir etwas erreichen.»

Greta Thunberg
Greta Thunberg zeigte sich auf der Bühne an der Klima-Demo in Amsterdam mit dem schwarz-weissen Palästinensertuch.
Greta Thunberg
Die Schwedin lud auch zwei Frauen aus den palästinensischen Gebieten und Afghanistan auf die Bühne.
Greta Thunberg
Nach den Reden der zwei Frauen ergriff wieder Greta Thunberg das Wort, doch wurde von einem Unbekannten unterbrochen, der auf die Bühne stürmte.
Greta Thunberg
Der Mann, der inzwischen als der 65-jährige Erjan Dam identifiziert wurde, entriss ihr das Mikrofon und sagte: «Ich bin wegen einer Klimademonstration hier, nicht wegen einer politischen Meinung». Anschliessend zerrten ihn Gretas Mitstreiter unter Buhrufen von der Bühne.
Greta Thunberg
An der Klimademonstration beteiligten sich nach Angaben der Veranstalter rund 85'000 Menschen; sie sei damit die bisher grösste derartige Demo in den Niederlanden gewesen.

Wenn Greta Thunberg oder andere führende Aktivisten aber ständig über die Palästinafrage sprechen würden, sorge dies für Uneinigkeit. «Menschen die anderer Meinung sind, werden von solchen Reden abgestossen. Das schadet der Sache. Die Klimaschutzbewegung sollte sich auf ihr Kernthema konzentrieren: den Klimaschutz.»

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