Fortschritte beim umstrittenen Eurozonenbudget

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Luxemburg,

Mit grossem Pinsel hatte Frankreichs Präsident Macron einst in seiner Sorbonne-Rede die Idee eines Eurozonenbudgets gezeichnet. In den vergangenen knapp zwei Jahren traf er auf erheblichen Widerstand. Nun steht eine Lösung - mit etlichen offenen Fragen.

Bundesfinanzminister Olaf Scholz und der französische Wirtschaftsminister Bruno Le Maire während einer gemeinsamen Pressekonfenerz. Foto: Arne Immanuel Bänsch
Bundesfinanzminister Olaf Scholz und der französische Wirtschaftsminister Bruno Le Maire während einer gemeinsamen Pressekonfenerz. Foto: Arne Immanuel Bänsch - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Nach einer gut 15-stündigen Marathonsitzung in der Nacht haben sich die Euro-Finanzminister zu einem Minimalkompromiss beim umstrittenen Eurozonenbudget durchgerungen.

«Wir haben eine Reihe kleiner Schritte unternommen, mehr Arbeit ist aber nötig», sagte Eurogruppenchef Mario Centeno am Freitagmorgen in Luxemburg. Strittig ist vor allem noch, wie das geplante Budget finanziert werden soll. Auch die genaue Summe ist noch offen. Frankreichs Finanzminister Bruno Le Maire sprach trotzdem von einem «Durchbruch», Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) von «Fortschritt in ganz wichtigen Fragen».

Das Eurozonenbudget gehörte ursprünglich zu den Europa-Visionen des französischen Präsidenten Emmanuel Macron. Ihm schwebte 2017 ein Multi-Milliarden-Haushalt ausschliesslich für die Euro-Staaten vor. Er verstand das Budget als Symbol eines grossen Aufbruchs für die EU. Das gemeinsame Währungsgebiet sollte dadurch zudem besser vor künftigen Finanzkrisen geschützt werden.

Die Griechenlandkrise ab 2010, in der das hoch verschuldete und wirtschaftlich schwächelnde Land kurz vor der Staatspleite stand, hatte den Euro-Staaten unter anderem gezeigt, dass gerade die enormen wirtschaftlichen Unterschiede zu Turbulenzen führen können, die auch andere Länder treffen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) signalisierte Macron im vergangenen Jahr im brandenburgischen Meseberg grundsätzliche Unterstützung für das Vorhaben. In der Folge arbeiteten Deutschland und Frankreich einen gemeinsamen Plan aus.

Die EU-Staats- und Regierungschefs verständigten sich im Dezember 2018 grundsätzlich auf die Einführung eines Budgets für die 19 Euro-Staaten und gaben den Finanzministern den Auftrag, Details auszuarbeiten. Dieses sollte vor allem zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und der Angleichung der wirtschaftlichen Verhältnisse dienen.

Festgeschrieben ist nun unter anderem, dass das Budget für Euro-Staaten vorgesehen ist sowie für Länder, die der Gemeinschaftswährung absehbar beitreten wollen. Bei der Verwendung der Gelder soll jeweils eine nationale Co-Finanzierung greifen, diese könnte je nach Umständen variieren.

Die Diskussionen über die Finanzierung des Budgets würden zu einem späteren Zeitpunkt fortgesetzt, schrieb der niederländische Finanzminister Wopke Hoekstra im Kurznachrichtendienst Twitter. Scholz erklärte, weitere Arbeit sei im Rahmen der Verhandlungen über den Haushaltsrahmen der EU von 2021 bis 2027 nötig. Dabei soll nun auch die Grösse des Budgets endgültig festgelegt werden. In der Diskussion standen zuletzt 17 Milliarden Euro verteilt auf sieben Jahre.

Der Auftrag der Staats- und Regierungschefs vom Dezember 2018 sei teilweise nicht erfüllt worden, hiess es nun aus EU-Kreisen. «Den ursprünglichen Vorschlag Macrons eines schlagkräftigen Haushalts haben die Finanzminister zur Unkenntlichkeit verwässert», kritisierte der Grünen-Europaparlamentarier Sven Giegold. Der EU-Gipfel wird sich in der kommenden Woche voraussichtlich erneut dem Thema widmen.

Frankreichs Finanzminister Le Maire zeigte sich hingegen zufrieden. «Das Budget wird 2021 einsatzbereit sein», sagte er. «Zum ersten Mal beginnen wir, als ein kohärenter Block über die Zukunft nachzudenken und unsere Wirtschaftspolitik zu koordinieren.» Er schränkte allerdings ein: «Es ist aber noch ein weiter Weg, vor allem in der Frage, wie wir das neue Budget finanzieren.»

Nach Jahren des Wachstums hatten sich die Wirtschaftsaussichten für Europa zuletzt deutlich eingetrübt. Gründe sind unter anderem die Zunahme der Handelsspannungen zwischen den USA und China sowie die Gefahr eines ungeordneten EU-Austritts Grossbritanniens. Experten sind sich einig, dass die Eurozone gegen künftige Finanzschocks besser geschützt werden müsste.

Die Finanzminister verständigten sich nun zudem darauf, den Euro-Rettungsschirm ESM zu stärken, der bislang vor allem Kredite an pleitebedrohte Staaten gegen Spar- und Reformauflagen vergeben kann. Allein an Griechenland vergab er dreistellige Milliardensummen. Im Kern war diese Entscheidung ebenfalls im Dezember getroffen worden. Nun ging es darum, sie in einen verbindlichen Text zu giessen.

Unter anderem soll der ESM bei Bankenpleiten künftig eine wichtigere Rolle spielen und die sogenannte Letztsicherung («backstop») für den Bankenabwicklungsfonds SRF stellen. Dieser dient dazu, dass keine Steuergelder mehr für die Rettung von Banken verwendet werden. Bis 2024 soll er von den Banken selbst mit mehr als 55 Milliarden Euro gefüllt werden. Reicht diese Summe bei schweren Krisen nicht aus, könnte künftig noch der ESM einspringen - frühestens allerdings von 2020 an.

Ausserdem soll der Rettungsschirm nicht mehr nur in äusserster Not, sondern bereits bei ersten Anzeichen einer Krise tätig werden können. Die Ratifizierungsverfahren in den einzelnen Staaten sollten Ende des Jahres beginnen können.

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