Europarat: Vertragsverletzungsverfahren gegen Türkei
Der Türkei droht der Rauswurf aus dem Europarat. Hintergrund ist die Weigerung Ankaras, den inhaftierten Osman Kavala aus der Haft zu entlassen.
Das Wichtigste in Kürze
- Im Konflikt um den inhaftierten Kulturförderer Osman Kavala hat der Europarat in einem historisch nahezu einmaligen Schritt ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Türkei eingeleitet.
Das sogenannte Ministerkomitee mit Vertretern der 47 Mitgliedstaaten stimmte gestern für das Verfahren, wie die Institution mitteilte. Seit Einführung 2010 wurde das Vertragsverletzungsverfahren erst einmal ausgelöst: gegen Aserbaidschan.
Hintergrund ist die Weigerung Ankaras, Kavala aus der Haft zu entlassen. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hatte schon vor rund zwei Jahren dessen Freilassung angeordnet und die Haft als politisch motiviert eingestuft. Als Mitgliedsland des Europarats ist die Türkei verpflichtet, sich an Urteile des Gerichts zu halten. Der Europarat wacht über die Einhaltung der Menschenrechte und ist keine EU-Institution.
Das Vertragsverletzungsverfahren, das nun läuft, ist mehrstufig und führt keineswegs zwangsläufig zu einem Ausschluss der Türkei aus dem Europarat. Kavala werden in der Türkei ein Umsturzversuch im Zusammenhang mit den Gezi-Protesten sowie «politische und militärische Spionage» im Zusammenhang mit dem Putschversuch von 2016 vorgeworfen. Er selbst weist die Vorwürfe strikt zurück.
