Erst seit November im Amt - und schon wieder weg: Präsident Erdogan entlässt Notenbankchef Agbal, der gerade erst den Leitzins erhöht hat. Wird die Entscheidung die Währungskrise weiter anheizen?
Der nächste muss gehen: der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan entlässt den Chef der Zentralbank. Foto: Burhan Ozbilici/AP/dpa
Der nächste muss gehen: der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan entlässt den Chef der Zentralbank. Foto: Burhan Ozbilici/AP/dpa - dpa-infocom GmbH
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Das Wichtigste in Kürze

  • Zum zweiten Mal innerhalb weniger Monate hat der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan den Chef der Zentralbank entlassen.

Ein entsprechender Beschluss Erdogans wurde überraschend im Amtsblatt veröffentlicht. Eine Begründung wurde nicht angegeben.

Neuer Notenbankchef und Nachfolger des geschassten Naci Agbal wird Sahap Kavcioglu, ehemaliger Abgeordneter von Erdogans Regierungspartei AKP.

Erst vor wenigen Tagen hatte die türkische Notenbank den Leitzins - gegen den Willen des Präsidenten - unerwartet deutlich um zwei Punkte auf 19 Prozent angehoben. Agbal hatte versucht, mit den Zinserhöhungen die hohe Inflation in den Griff zu bekommen und eine Fortsetzung der restriktiven Geldpolitik angekündigt. Die jährliche Inflationsrate stieg im Februar auf mehr 15 Prozent.

Vor allem Nahrungsmittel werden immer teurer: Die Lebensmittelpreise stiegen im Februar auf Jahresbasis um 18,4 Prozent. Drastische Preiserhöhungen gab es etwa bei Grundnahrungsmitteln wie Eiern, Brot, Sonnenblumenöl und Käse. Erdogan steht deshalb auch innenpolitisch unter Druck, der Unmut im Volk wächst.

Der Präsident dringt immer wieder auf niedrige Zinsen und bezeichnet den Leitzins oft als «Mutter allen Übels». Schon in der Vergangenheit waren deshalb Zweifel an der Unabhängigkeit der türkischen Zentralbank aufgekommen. Agbals Vorgänger Murat Uysal konnte sich nur etwas mehr als ein Jahr im Amt halten und wurde Anfang November abgelöst. Kurz darauf trat Erdogans Schwiegersohn Berat Albayrak überraschend als Finanzminister zurück.

Erdogan hatte vergangene Woche Wirtschaftsreformen angekündigt. Er versprach etwa Steuerbefreiungen und billige Kredite für kleine Unternehmen, die besonders von der Corona-Pandemie betroffen sind.

In der Türkei, die rund 84 Millionen Einwohner hat, waren Anfang März einige aufgrund der Pandemie verhängte Beschränkungen wieder aufgehoben worden. Restaurants und Cafés durften je nach Region wieder eingeschränkt öffnen. Es gelten aber immer noch Ausgangssperren am Abend und sonntags. Zurzeit steigen die täglichen Infektionszahlen wieder stark an. Am Samstag meldete das Gesundheitsministerium rund 21.000 neue Fälle.

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