Deutsche Wirtschaft verlässt laut Wirtschaftsinstituten Talsohle
Die deutsche Wirtschaft erholt sich 2025 langsam, vor allem dank staatlicher Milliardeninvestitionen in Infrastruktur, Klimaschutz und Bildung.

Die deutsche Wirtschaft kommt im nächsten Jahr aus Sicht führender Forschungsinstitute langsam wieder in Schwung. Das Wachstum wird aber vor allem durch staatliche Milliarden-Investitionen getrieben, um besonders die teils marode Infrastruktur auf Vordermann zu bringen.
Die Wirtschaft stehe aber nach wie vor auf «wackeligen Beinen», sagte Geraldine Dany-Knedlik, Konjunkturexpertin des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, in Berlin. Die Institute fordern die Bundesregierung zu grundlegenden Strukturreformen auf – sonst sei die wirtschaftliche Dynamik nicht von Dauer. Reformbedarf sehen die Experten vor allem bei den Sozialsystemen.
Im laufenden Jahr erwarten die Institute nur eine Steigerung des Bruttoinlandsproduktes (BIP) von 0,2 Prozent. Im Frühjahr wurde noch ein Plus von 0,1 Prozent erwartet. Die deutsche Wirtschaft steckt seit längerer Zeit in einem Konjunkturtief. In den vergangenen beiden Jahren schrumpfte die Wirtschaftsleistung.
Hohe Zölle bremsen deutschen Export
Vor allem höhere Zölle auf EU-Importe bremsen den Handel auf dem wichtigen US-Markt aus. Der Aussenhandelsverband BGA prognostizierte ein Exportminus von 2,5 Prozent für 2025. Viele wichtige Branchen wie die Auto- und Stahlindustrie stecken in Schwierigkeiten. Auch der private Konsum in Deutschland kommt nicht in Schwung.
Die Institute erwarten, dass die deutsche Wirtschaft die Talsohle hinter sich lässt und in den kommenden zwei Jahren wieder etwas an Dynamik gewinnt. Wie im Frühjahr wird für 2026 mit einem BIP-Wachstum von 1,3 Prozent gerechnet. 2027 prognostizieren die Experten ein Plus von 1,4 Prozent. Eine «expansive Finanzpolitik» dürfte die Konjunktur anschieben.
Gemeint ist das 500 Milliarden Euro schwere und mit Schulden finanzierte Sondervermögen für zusätzliche Investitionen in die Infrastruktur und den Klimaschutz, das eine Laufzeit von zwölf Jahren hat. Es geht um die Sanierung maroder Brücken, Bahnstrecken und Schulen, aber auch um mehr Geld für Kitas oder eine bessere Digitalisierung. Damit die Gelder schnell fliessen, sollen Planungs- und Genehmigungsverfahren beschleunigt werden. Die Binnenwirtschaft komme spürbar in Fahrt, so die Institute.
Langfristiges Wachstum in Gefahr
Das vor allem durch die staatlichen Investitionen getriebene Wachstum überdecke die strukturellen Probleme des Standorts Deutschland, die bisher ausgeblieben seien, warnen die Forschungsinstitute. Die mittel- und die langfristigen Wachstumsperspektiven drohten sich weiter zu verschlechtern. Vor allem die Auslandsnachfrage nach deutschen Waren schwächele. «Hohe Energie- und Lohnstückkosten im internationalen Vergleich, Fachkräftemangel sowie eine weiter abnehmende Wettbewerbsfähigkeit bremsen die langfristigen Wachstumsaussichten weiterhin.»
Wirtschaftsverbände sehen seit langem hausgemachte Probleme. Vor allem bürokratische Hürden, hohe Energiekosten und eine mangelnde digitale Infrastruktur bremsten Investitionen der deutschen Unternehmen. Dazu kommen steigende Sozialabgaben und ein Mangel an Fachkräften.
Die sogenannte Gemeinschaftsdiagnose wird erstellt vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung, dem Ifo-Institut, dem Kiel Institut für Weltwirtschaft, dem Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle und dem RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Essen.