Anfang März galt Sardinien praktisch als coronafrei. Nun breitet sich das Coronavirus dort schneller aus als im Resten Italiens. Die Insel gilt als rote Zone.
Sardinien Coronavirus
Sardinien schränkt Zugang zu Selfie-Hotspot ein. - Pixabay
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Das Wichtigste in Kürze

  • Als einzige Region Italiens wurde Sardinien Anfang März als weisse Zone eingestuft.
  • Die Regionalregierung sprach davon, dass Sardinien bald «coronafrei» sei.
  • Sechs Wochen später gilt die höchste Gefahrenstufe, der R-Wert ist der höchste im Land.

In Italien hat sich die Corona-Lage über Ostern leicht verbessert. Das gaben Experten des Gesundheitsministeriums in Rom am Freitagabend bekannt. Demnach lag der R-Wert des Coronavirus bei 0,92.

Gleich sechs Regionen gelten seit heute Montag nicht mehr als rote, sondern als orange Zonen. Italien setzt bei der Eindämmung des Coronavirus auf ein Ampelsystem mit den vier Stufen weiss, gelb, orange und rot.

Von fast «coronafrei» zur höchsten Gefahrenstufe in sechs Wochen

Doch während sich die Corona-Situation in vielen Regionen verbessert hat, ist auf Sardinien das Gegenteil passiert. Die Insel wird seit heute und für mindestens zwei Wochen als rote Zone eingestuft, es gelten die strengsten Beschränkungen. Die höchste Gefahrenstufe gilt sonst nur noch für drei weitere Regionen.

Strand Sardinien
Menschen verbringen Zeit am Strand. Cala Goloritzè, Sardinien. - Pixabay

Dabei galt Sardinien Anfang März noch als einzige italienische Region als weisse Zone: Die Insel registrierte damals lediglich 38 Neuinfektionen mit dem Coronavirus auf 100'000 Einwohner in einer Woche. Restaurants, Bars oder Läden waren im März offen. Selbst die Ausgangssperre trat erst um 23.30 Uhr in Kraft.

Die Regionalregierung warb bereits stark um Touristen und sprach davon, dass man bald «coronafrei» sei. Diese durften und sollten ab Anfang März nach Sardinien kommen. Voraussetzung war lediglich ein negativer Test auf das Coronavirus.

Coronavirus: Regionalregierung sieht Verantwortung bei Bevölkerung

Doch vom «coronafreien» Status ist die Insel mittlerweile weit entfernt. Der R-Wert lag auf Sardinien zuletzt bei 1,54, so hoch wie in keiner anderen italienischen Region. Die 7-Tage-Inzidenz lag am Sonntagabend bei 132, das ist rund dreieinhalb Mal höher als noch vor sechs Wochen.

Coronavirus Sardinien
Leere Liegestühle und geschlossene Sonnenschirme an einem Strand auf Sardinien. - Pixabay

Zudem nähert sich die Auslastung der Intensivbetten gemäss Nachrichtenagentur «Ansa» allmählich der kritischen Schwelle. Die Zeitung «Nuova Sardegna» berichtete am Sonntag, dass gleich erste Corona-Patienten Stunden in Ambulanzen verbringen mussten. Grund: der Mangel an freiten Betten.

Aus Sicht der Regionalzeitung habe die Bevölkerung die Einstufung als weisse Zone quasi als Freifahrtschein für alles verstanden. Restaurants und Bars seien überfüllt gewesen, Hochzeiten und Taufen hätten mit Dutzenden bis Hunderten Gästen stattgefunden. «Das alles in engen und geschlossenen Räumen ohne Maske und Abstand», schreibt die «Nouva Sardegna».

Sardinien Coronavirus
Ein Strassencafé auf Sardinien. - Pixabay

Die Regionalregierung um Präsident Christian Solinas schiebt die Verantwortung für die stark angestiegenen Fallzahlen mit dem Coronavirus auf die Bevölkerung. Man zahle nun den Preis, weil sich die Sarden nicht verantwortungsvoll verhalten hätten. Doch Kritiker sehen die Schuld bei der Regionalregierung, da sie zu früh geöffnet und zu viel Optimismus verbreitet habe.

Sardinien und Sizilien als «coronafreie» Destinationen?

«Wenn sich die Bevölkerung korrekt verhält, können wir diese Situation schnell überwinden», zeigt sich Solinas indes optimistisch. Gemeinsam mit der Regionalregierung von Sizilien drängt Solinas Italiens Regierung zu einer massiven Impfkampagne für die Bevölkerung der Inseln. Als «coronafreie» Regionen wollen sie Touristen zurückgewinnen, wie sie in einem gemeinsamen Appell an die Regierung schreiben:

«Unser Status als Insel mit beschränktem Zugang zu Häfen und Flughäfen macht es uns einfacher, Reisende zu kontrollieren. Durch die Impfung der gesamten Bevölkerung werden wir in der Lage sein, Touristen sicher unterzubringen: Indem wir echte Vorzugskorridore für Länder und Regionen öffnen, die die Impfkampagne bereits abgeschlossen haben. Oder indem wir das Modell der coronafreien Flüge und Schiffe nutzen.»

Sardinien Coronavirus Solinas
Der Präsident der sardischen Regionalregierung, Christian Solinas, fordert von Italiens Regierung, dass die Sarden so schnell wie möglich gegen das Coronavirus geimpft werden. - Instagram/@christiansolinas_presidente

Notfalls würden sich die beiden Inseln auf Eigeninitiative Impfstoff beschaffen – etwa auch Sputnik V. Beim Impftempo belegt Sardinien in Italien den vorletzten Platz. Rund 2,3 Millionen Touristen pro Jahr besuchen normalerweise die Insel, doch nun werden erste Buchungen wieder storniert.

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Bei den Schweizer Reisebüros Kuoni, Tui und Hotelplan gab es bisher keine oder kaum Sardinien-Buchungen. Das Ampelsystem mit den regionalen Lockdowns führe zu viel Unsicherheit und Unklarheit, ob und wie man in Italien reisen könne. Das erklärt Tui-Mediensprecherin Milica Vujcic.

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