«Corona hat erhebliche Effekte auf das Geburtenverhalten»
Laut Experten für Bevölkerungsforschung hat Corona erhebliche Effekte auf das Geburtenverhalten. Zahlen von diesem Jahr bestätigen das.

Das Wichtigste in Kürze
- Im März 2021 wurden in Deutschland fast 66'000 Babys geboren.
- Das sind so viele Geburten wie seit 20 Jahren nicht mehr.
- Laut Experten hat Corona einen erheblichen Einfluss auf das Geburtenverhalten.
2020 wurden in Deutschland weniger Kinder geboren, Anfang dieses Jahres waren es deutlich mehr – kommen jetzt die Corona-Babys? 2020 zählte das Bundesamt 773'144 Neugeborene, rund 5000 Babys weniger als 2019, wie die Statistiker in Wiesbaden berichteten.
Die Zahl der Babys pro Mutter sank jedoch kaum: Der Statistik zufolge bekamen Frauen 2020 im Schnitt 1,53 Kinder. Der aktuelle Rückgang liege vor allem daran, dass die Zahl der Frauen im gebärfähigen Alter erstmalig seit 2011 leicht zurückging.
66'000 Neugeborene im März 2021
Spannend bleibt die Frage, welchen Einfluss die Corona-Pandemie hat. Im März 2021 gab es mit 66'000 Neugeborenen so viele Geburten wie seit 20 Jahren nicht mehr in diesem Monat.
Destatis sieht einen zeitlichen Zusammenhang mit dem Abflauen der ersten Corona-Welle und Lockerungen ab Anfang Mai vergangenen Jahres. Schon im Februar 2021 hatte sich nach vorläufigen Zahlen ein Anstieg um sechs Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat abgezeichnet. Im März stieg die Zahl dann um zehn Prozent.

«Corona hat erhebliche Effekte auf das Geburtenverhalten», sagt Martin Bujard, Forschungsdirektor beim Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung. «Das macht viel mit den Menschen.»
Zwei Mechanismen spielen hier gegeneinander: Das eine ist die wirtschaftliche Situation: Sie ist in der Pandemie für viele unsicherer geworden. «Das hatte einen negativen Effekt auf die Zahl der Geburten, vor allem in den USA und Südeuropa.» Auf der anderen Seite stehe «der Cocooning-Effekt», sagt Bujard. «In der Pandemie ist die Bedeutung von Familie und bei einigen der Wunsch nach Kindern gestiegen.»
In anderen Ländern, die von Corona schwerer betroffen waren, gab es ab Dezember einen starken Einbruch bei den Geburtenzahlen. Das erklärt Soziologie-Professorin Michaela Kreyenfeld von der Berliner Hertie School – hierzulande nicht.
«Für Deutschland springen die Werte rauf und runter», sagt Kreyenfeld. «Wenn man ehrlich ist, muss man sagen: Man sieht noch nichts.» Stabile ökonomische Bedingungen seien die wichtigste Voraussetzung für einen Kinderwunsch. «Vor diesem Hintergrund kann ich mir nicht vorstellen, dass es einen Babyboom gibt.»
Kita-Ausbau und Elterngeld wirkt
Die Zahlen für 2020 zeigen Bujard zufolge «keinen Trend, sondern eine Seitwärtsbewegung». Insgesamt ist die Zahl der Geburten pro Frau seit etwa 2005 gestiegen, von 1,3 auf 1,5 Kinder. Ein Grund sei die bessere Familienpolitik, sagt Bujard.
Vor allem der Ausbau der Kitas und das Elterngeld hätten dazu geführt, dass sich mehr Frauen für ein Kind entscheiden. Mütter, die 2020 ein Kind bekamen, waren im Durchschnitt 31,6 Jahre und die Väter 34,6 Jahre alt. Beim erstgeborenen Kind betrug das durchschnittliche Alter der Eltern 30,2 beziehungsweise 33,2 Jahre.