Bulgariens Regierungschef Borissow verzichtet auf weitere Amtszeit
Bulgariens Ministerpräsident Boiko Borissow gibt nach mehr als einem Jahrzehnt die Führung der Regierungsgeschäfte ab. Zehn Tage nach der Parlamentwahl kündigte der 61-Jährige am Mittwoch in Sofia an, keine weitere Amtszeit mehr anzustreben. Als Nachfolger schlug er er den pro-europäischen Ex-Aussenminister Daniel Mitow vor. Der 43-Jährige ist ebenfalls Mitglied der bürgerlichen Partei GERB. Als stärkste politische Kraft muss die GERB der Verfassung zufolge mit der Bildung einer neuen Regierung beauftragt werden.

Das Wichtigste in Kürze
- Bei der Wahl Anfang April war die pro-europäische Partei mit 26 Prozent der Stimmen in dem EU- und Nato-Mitgliedsland wieder stärkste Partei geworden.
Mit 75 Sitzen verfehlte sie in dem 240-Abgeordneten-Parlament die Mehrheit aber klar. Vergangenes Jahr hatten Demonstranten in Zusammenhang mit Korruptionsvorwürfen immer wieder den Rücktritt des Ministerpräsidenten verlangt. Die GERB gehört ebenso wie die CDU/CSU zur EVP-Fraktion im Europaparlament.
Mitow war von 2014 bis 2017 Aussenminister unter Borissow, der mit kurzen Unterbrechungen schon seit 2009 als Ministerpräsident amtiert. In dem zersplitterten Parlament mit insgesamt sechs Parteien dürfte die GERB aber keine neue Koalition mehr zustande bringen können. Die fünf anderen Parteien lehnen ein Regierungsbündnis mit der Borissow-Partei ab.
Bei einem Scheitern der GERB müsste Staatschef Rumen Radew den Auftrag zur Regierungsbildung dann an die zweitstärkste Kraft weitergeben, die systemkritische «Es gibt so ein Volk» ITN (17,6 Prozent, 51 Sitze). Deren Vorsitzender Slawi Trifonow, ein TV-Moderator und Kabarettist, hat sich noch nicht klar zu seinen Plänen geäussert. Trifonow steht wegen einer Covid-19-Erkrankung derzeit unter Quarantäne. Das neu gewählte Parlament kommt an diesem Donnerstag zu seiner ersten Sitzung zusammen.