Am Donnerstag entliess Boris Johnson mehrere Regierungsmitglieder. Darunter auch Finanzminister Sajid Javid. Diese ersetzt er durch treue Gefolgsleute.
Boris Johnson Kabinett Macht
Boris Johnson verlässt die Downing Street 10. - epa
Ad

Das Wichtigste in Kürze

  • Keine zwei Monate nach Amtsantritt entlässt Johnson mehrere Regierungsmitglieder.
  • Diese ersetzt der Premier nun durch gefällige Gefolgsleute.
  • Vor allem der Wechsel auf der Finanzminister-Position gibt ihm mehr Macht und Spielraum.

Einige kleinere Änderungen im Kabinett hatte Premier Boris Johnson bereits angekündigt. Dass es dann keine zwei Monate nach seinem Amtsantritt gleich mehrere wichtige Positionen trifft, kommt doch etwas überraschend. Besonders der Rücktritt des bisherigen Finanzministers Sajid Javid gibt zu reden.

Kabinettsumbildung Boris Johnson Javid
Sajid Javid, ehemaliger Finanzminister von Grossbritannien. - dpa

Das Amt gilt in Grossbritannien als das wichtigste Regierungsamt nach jenem des Premierministers. Die Beziehung zwischen den beiden Ämtern zählt seit jeher als Achse, um die sich die Regierung dreht.

Finanzminister Javid im Clinch mit Johnsons Berater Cummings

Im Gegensatz zu den anderen entlassenen Kabinettsmitgliedern wollte Johnson Javid eigentlich behalten. In weniger als einem Monat hätte er die Haushaltspläne der Regierung vorstellen sollen. Doch wie britische Medien berichten, wurde der Finanzminister vor eine Alternative gestellt: Entweder sein ganzes Mitarbeiterteam feuern oder selbst gehen.

Kabinettsumbildung Boris Johnson Cummings
Dominic Cummings, Hauptberater des britischen Premierministers Johnson, verlässt nach der gestrigen Kabinettsumbildung sein Haus im Norden Londons. - dpa

«Kein Minister mit Selbstachtung würde diese Bedingungen akzeptieren», sagte Javid dazu. Er und sein Team sollen seit geraumer Zeit besonders mit Johnsons engstem Berater Dominic Cummings im Clinch gewesen sein.

Javid war für die Einhaltung strikter Finanzdisziplin, was vor allem Cummings nicht passte. Denn angesichts des Brexits und der damit verbundenen Risiken will Johnson die Konjunktur durch eine lockere Finanzpolitik unterstützen. Deswegen übernimmt nun Rishi Sunak Javids Posten. Dieser gilt als Verfechter des Brexits und als enger Anhänger Johnsons.

Boris Johnson ersetzt Generalstaatsanwalt durch Gleichgesinnte

Bei diesem Eklat gingen andere Entlassungen etwas unter, wie jene des Generalstaatsanwalts Geoffrey Cox. Dieser wurde durch Suella Braverman ersetzt, die strikt gegen «den zunehmenden Einfluss der Richter und Gerichte auf die Politik» ist.

Kabinett Boris Johnson Braverman
Die von Boris Johnson neu ernannte Generalstaatsanwältin Suella Braverman forderte bereits im Januar: «Die Politiker, die wir gewählt haben, müssen die Macht von den Leuten an sich ziehen, die nicht gewählt wurden; und dazu gehören die Richter.» - epa

Damit passt sie perfekt in Johnsons Kabinett. Er möchte die Rolle der Gerichte – insbesondere des Obersten Gerichts – und ihrer Richter überprüfen und wenn möglich schwächen lassen.

Nordirland-Minister muss trotz grossem Erfolg gehen

Interessant ist zudem die Entlassung des Nordirland-Ministers Julian Smith. Diesem gelang es, die zerstrittenen Regierungsparteien in Nordirland nach dreijähriger Kooperationsverweigerung wieder zu einer Zusammenarbeit zu bewegen. Eigentlich ein grosser politischer Erfolg.

Das Problem aus der Sicht von Boris Johnson: Smith stimmte einer Untersuchung möglicher Menschenrechtsverbrechen britischer Soldaten während des Bürgerkriegs in Nordirland zu. Das steht im Widerspruch zu einem Wahlversprechen der Tories. Zudem soll er zu unabhängig vom Regierungschef gehandelt haben.

Kabinettsumbildung Smith Boris Johnson
Aus der Sicht von Boris Johnson handelte der bisheriger Nordirland-Minister Julian Smith offenbar zu unabhängig von ihm. - dpa

Daneben wurden unter anderem auch Wirtschaftsministerin Andrea Leadsom und Wohnungsbauministerin Esther McVey durch gefällige Gefolgsleute ersetzt.

Die Kabinettsumgestaltung gibt Boris Johnson mehr Macht und damit auch mehr Spielraum, seine Wünsche durchzusetzen. Sollte es Grossbritannien wirtschaftlich erfolgreich durch den Brexit schaffen, ist klar, wer nun die alleinigen Lorbeeren erhalten wird. Sollte das Gegenteil der Fall sein, dürfte es wohl nur einen Sündenbock geben.

Ad
Ad

Mehr zum Thema:

RegierungFinanzpolitikRegierungschefBrexitBoris Johnson