Seit mehr als sechs Jahren lebt Wikileaks-Gründer Julian Assange in Ecuadors Botschaft in London. Doch angeblich will das Land ihm nun das Asyl entziehen.
Julian Assange vor der ecuadorianischen Botschaft in London.
Julian Assange vor der ecuadorianischen Botschaft in London. - dpa
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Das Wichtigste in Kürze

  • Es gibt Gerüchte, dass Ecuador Assange das Asyl entziehen möchte.
  • Er lebt seit über sechs Jahren auf der ecuadorianischen Botschaft in London.
  • Julian Assange ist bekannt wegen der Gründung der Enthüllungsplattform Wikileaks.

Der umstrittene Wikileaks-Gründer Julian Assange könnte einem Bericht zufolge nach sechs Jahren sein Asyl in Ecuadors Botschaft in London verlieren und der Polizei übergeben werden. Der ecuadorianische Präsident Lenin Moreno wolle eine solche Vereinbarung mit Grossbritannien aushandeln und dem 47-jährigen Assange das Asyl entziehen, schrieb Enthüllungsjournalist Glenn Greenwald auf der Website «The Intercept».

Die Botschaft in London war am Sonntag nicht zu erreichen. Das britische Aussenministerium lehnte eine offizielle Stellungnahme ab.

Der gebürtige Australier befürchtete am Ende eine Auslieferung in die USA, falls er die Botschaft verlassen sollte. Washington macht ihn für die Veröffentlichung brisanter US-Dokumente aus den Kriegen in Afghanistan und im Irak über die Wikileaks-Plattform verantwortlich. Im vergangenen US-Präsidentschaftswahlkampf veröffentlichte Wikileaks aber auch von mutmasslich russischen Hackern gestohlene E-Mails der Demokratischen Partei und schadete damit der am Ende gegen Donald Trump unterlegenen Kandidatin Hillary Clinton.

Berichte aus dem ecuadorianischen Aussenministerium

Vor wenigen Tagen schrieb auch die Chefredakteurin des russischen Auslandssenders «Russia Today», Margarita Simonjan, bei Twitter, Assange könne ihren Quellen zufolge in den kommenden Wochen oder sogar Tagen an Grossbritannien übergeben werden. Assange hatte eine Zeit lang eine Sendung auf dem Kanal, dem im Westen oft vorgeworfen wird, ein Propaganda-Instrument der russischen Regierung zu sein.

Assange war 2012 in die Botschaft des südamerikanischen Landes geflüchtet, um einer Festnahme und Auslieferung nach Schweden wegen Vergewaltigungsvorwürfen zu entgehen. Die schwedische Justiz stellte ihre Ermittlungen zwar im vergangenen Mai ein. Die britischen Behörden erklärten aber, dass sie ihn beim Verlassen der Botschaft trotzdem festnehmen würden – weil er durch die Flucht in die Landesvertretung das Gesetz verletzt habe.

US-Justizminister Jeff Sessions bekräftigte unlängst Vorwürfe gegen Assange. Dennoch ist unklar, ob die USA eine Auslieferung des Wikileaks-Gründers fordern würden – und wie die Erfolgsaussichten in diesem Fall überhaupt stünden. Medien haben sich in den USA grosse Freiheiten beim Veröffentlichen auch geheimer Dokumente erkämpft.

Greenwald bezog sich bei seinem Bericht auf Kreise aus dem Umfeld des ecuadorianischen Aussenministeriums und des Präsidialamtes. Der «Intercept»-Journalist war seinerzeit massgeblich an der Aufarbeitung der Unterlagen des Informanten Edward Snowden beteiligt, der eine Internet-Überwachung schier gigantischen Ausmasses durch den US-Geheimdienst NSA enthüllt hatte.

Der frühere linksgerichtete ecuadorianische Präsident Rafael Correa hatte Assange das Botschaftsasyl aus humanitären Gründen gewährt. Correas Nachfolger Moreno wollte aber den Zustand beenden und verschaffte Assange die Staatsbürgerschaft des südamerikanischen Landes. Der Versuch, Assange als ecuadorianischen Diplomaten zu akkreditieren, scheiterte am Widerstand der Briten.

Die Spannungen zwischen Assange und den Behörden Ecuadors verschärften sich. So verlor er den Zugang zum Internet, nachdem er die spanische Regierung im Streit mit der Provinz Katalonien kritisiert und damit gegen die Forderung seiner Gastgeber verstossen hatte, sich mit politischen Botschaften zurückzuhalten. Ecuador stellte auch teure Schutzmassnahmen für Assange in der Botschaft ein.

Freiwillig in die USA

Der 47-Jährige hatte auch schon angekündigt, sein Exil aufzugeben und freiwillig in die USA zu gehen, falls Whistleblowerin Chelsea Manning freikomme. Sie gilt als eine Quelle für einige der bekanntesten frühen Wikileaks-Enthüllungen. Als Manning nach der vorherigen Begnadigung durch US-Präsident Barack Obama im Mai vergangenen Jahres das Gefängnis verliess, feierte der Wikileaks-Gründer dies zwar als Sieg, liess seiner Ankündigung aber keine Taten folgen.

Einen neuen Versuch, seinen Haftbefehl in London mit Hilfe seiner Anwälte aufheben zu lassen, scheiterte vor wenigen Monaten. Stattdessen machte die Richterin ihrem Ärger richtig Luft: «Er möchte nur Gerechtigkeit, wenn sie zu seinem Gunsten ist.»

Assange ist auch in der Hackerszene umstritten. Manche werfen ihm einen autoritären Umgangsstil vor. Andere verehren ihn wie einen Helden und nennen ihn charismatisch. Immer wieder gibt es Kritik an seinen Haftbedingungen in der Botschaft und Sorge um seinen Gesundheitszustand. In der ecuadorianischen Vertretung bekommt er auch Besuch von Prominenten wie Popsängerin Lady Gaga .

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