Behörden werten bundesweiten Warntag in erster Einschätzung als Erfolg
Der Test der Warnsysteme für den Katastrophenfall am bundesweiten Warntag am Donnerstag ist nach erster Einschätzung der Behörden erfolgreich verlaufen.

Das Wichtigste in Kürze
- Praxistest für Alarmsysteme in Katastrophenfall - Union übt Kritik.
«Die Probewarnung hat gezeigt, dass unsere technische Infrastruktur robust ist und die technischen Probleme der Vergangenheit behoben sind», erklärte der Präsident des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK), Ralph Tiesler, am Donnerstag in Bonn. Für «abschliessende Ergebnisse» sei es aber zu früh. Vertreter der Unionsparteien wollten Tieslers positive Ersteinschätzung nicht teilen und wiesen auf Defizite hin.
Am Donnerstag hatte das BBK einen zuvor angekündigten bundesweiten Alarm ausgelöst, um die gemeinsam von Bund und Ländern vorgehaltenen Warnsysteme für den Katastrophenfall zu testen. Um 11.00 Uhr wurde eine Test-Warnung verschickt, die etwa über das sogenannte Cell Broadcasting-System als Nachricht für Mobiltelefone, über Warn-Apps oder Medien verbreitet wurde.
In zahlreichen Städten wurden die Testmeldungen auch auf Anzeigentafeln im Stadtbild eingespielt oder Sirenenalarm ausgelöst. Der Warntag soll die Abläufe der bundesweiten Alarmstrukturen einem Praxistest unterziehen und Menschen in Deutschland für das Thema Katastrophenschutz sensibilisieren.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) bezeichnete den Warntag als «wichtigen Schritt für weitere Verbesserungen im Bevölkerungsschutz». Ganz besonders wichtig sei es dabei, Bürgerinnen und Bürger aktiv einzubinden. «Dazu möchten wir ab 2023 einen Bevölkerungsschutztag einführen», kündigte Faeser an.
Der flächendeckende Testlauf war mit Spannung erwartet worden. Der erste bundesweite Warntag im September 2020 war schiefgegangen: Die zentrale Probewarnung des Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe verzögerte sich um 30 Minuten. Die Panne und die Erfahrungen während der verheerenden Flutkatastrophe in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen im Juli 2021 führten zu organisatorischen und technischen Nachbesserungen.
Erstmals grossflächig erprobt wurde am Donnerstag das nach der Flut von 2022 neu aufgebaute Cell Broadcasting-System, über das Warnmeldungen der Behörden über das Mobilfunknetz massenhaft direkt an Handys verschickt werden können. Damit entfällt etwa die Notwendigkeit, spezielle Apps zu installieren.
Warnnachrichten per Cell Broadcast können allerdings insbesondere von älteren Handys aus technischen Gründen oftmals noch nicht empfangen werden. Nach Schätzungen des BBK dürfte etwa die Hälfte aller Mobiltelefone in Deutschland in der Lage sein, diese zu empfangen.
Tiesler sprach dennoch auch mit Blick auf das Cell Broadcasting von einem erfolgreichen Verlauf. «Die intensive Arbeit zur Einführung des neuen Warnkanals und der Härtung der bestehenden Infrastruktur hat sich gelohnt», erklärte er.
Widerspruch kam von der Opposition im Bundestag. «Trotz des neuen Warnmittels Cell Broadcast wurden erhebliche Teile der Bevölkerung wieder nicht erreicht», kritisierte die Unions-Innenexpertin Andrea Lindholz (CSU). «Nach zwei Jahren Vorbereitung hätte es aber sehr viel besser laufen müssen.»
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) berichtete von «verschiedenen Teilen Bayerns, wo das mit dem Handy nicht funktioniert hat». Es gebe «offensichtlich hat es immer noch zu viele Defizite», die aufgearbeitet werden müssten, sagte er im Bayerischen Rundfunk.
Auch Linken-Innenexperte André Hahn sprach von «gravierenden Lücken» im System des Bevölkerungsschutzes. Warnungen erreichten nur Nutzer moderner technischer Geräte. Das vom Bund aufgelegte Sirenenbauprogramm sei bislang «nicht wirklich realisiert worden», erklärt er.
BBK-Chef Tiesler räumte ein, dass es «an der einen oder anderen Stelle noch Verbesserungsbedarf geben mag». Die Abläufe und Erfahrungen des Warntags würden nun in den kommenden Wochen gemeinsam mit den Ländern und anderen Beteiligten detailliert analysiert.
Grünen-Bundeschef Omid Nouripour warf der Vorgängerregierung aus Union und SPD anlässlich des Warntags vor, den Bevölkerungsschutz vernachlässigt zu haben. Auch er forderte mehr klassische Sirenen, die Menschen im Zweifel auch aus dem Schlaf aufweckten.










