Patrick Reitz, der rassistische Parolen auf der Kerb in Hessen (D) filmte, wird nun bedroht. Er kritisiert die Veranstalter für ihre schwache Reaktion.
Auf der Kirchweih in Burgholzen, Hessen (D), brüllten Dutzende Menschen: «Deutschland den Deutschen – Ausländer raus». - X / @Pat25R09

Das Wichtigste in Kürze

  • Auf der Kerb in Hessen (D) wurden am Freitag rassistische Parolen gebrüllt.
  • Der Lichttechniker, der eine Aufnahme davon ins Netz stellte, erhält jetzt Morddrohungen.
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Am vergangenen Freitag spielten sich auf der Kerb in Burgholzhausen, Hessen, verstörende Szenen ab: Dutzende Menschen grölten eine rassistische Abwandlung des Liedes «L’amour toujours» von Gigi d’Agostino. Ihr skandalerfüllter Gesang lautete: «Deutschland den Deutschen – Ausländer raus».

Patrick Reitz, der als Lichttechniker vor Ort war, dokumentierte die Geschehnisse mit seinem Handy und veröffentlichte die Aufnahmen im Internet. In einem Interview mit dem Magazin «Focus» schildert er die Eskalation der Situation.

Eskalation der Stimmung

Laut Reitz kippte die Stimmung schnell. Im Interview mit «Focus» beschreibt er den Verlauf: «Es steigerte sich relativ schnell von einer Handvoll Leute zum halben Zelt, das im Einklang sang.» Besonders schockierend: Der DJ feuerte die Menge zusätzlich an, anstatt das Gegröle zu unterbinden. Keiner der Anwesenden schritt ein.

Patrick Reitz
Patrick Reitz schilderte im Interview mit «Focus» den genauen Hergang. - Screenshot/X

Auch Reitz überlegte kurz, ob er eingreifen solle, entschied sich aber dagegen. Seine Begründung: «Wäre ich eingeschritten, hätte ich jetzt keine Zähne mehr», sagte er gegenüber «Focus».

Folgen der Veröffentlichung

Doch schon alleine die Veröffentlichung des Videos bringt Konsequenzen mit sich. Wie Reitz im Interview berichtet, erhielt er nach der Verbreitung der Aufnahmen Hass- und Morddrohungen. Auch seine Mutter blieb nicht verschont.

Eine der Drohungen lautete: «Pass auf, wenn du alleine durch die Strasse läufst.» Dies sei jedoch nur eine der harmloseren Nachrichten gewesen. Einige Absender wurden weitaus bedrohlicher: «Wenn ich dich in die Finger bekomme ...», und auch Morddrohungen fanden sich in den Mitteilungen.

Sylt Party
Auch auf der Party in Sylt (D) wurden rassistische Parolen zum Song «L'amour toujours» von Gigi D'Agostino gebrüllt.
l'amour toujours
Der Song wurde seit Juni an mehreren Orten verboten.
Gigi D'Agostino
Bei «L'amour toujours» handelt es sich ursprünglich um einen Partyklassiker des italienischen DJs Gigi D'Agostino. (Archivbild)

Reitz’ Mutter erhielt ebenfalls bedrohliche Nachrichten. Sie solle ihren Sohn «ruhigstellen», sonst würde sie ihn «zu Grabe tragen».

Reaktion des Kerbevereins

Der Kerbeverein Burgholzhausen veröffentlichte ein kurzes Statement, in dem er betonte, für Offenheit zu stehen und keine Hassparolen zu dulden. Diese Reaktion kritisierte Reitz jedoch als unzureichend: Die Mitteilung sei voller Rechtschreibfehler gewesen und nur kurzzeitig online gestanden.

Ausserdem, so Reitz, habe er den Veranstaltern ein Gesprächsangebot gemacht. Auf das sei jedoch keine Antwort erfolgt.

Ermittlungen der Polizei

Mittlerweile hat die Polizei Ermittlungen aufgenommen. Reitz stellte den Beamten seine Aufnahmen zur Verfügung, um die Beteiligten zu identifizieren. Laut «Focus» wird der Vorfall wegen des Verdachts der Volksverhetzung untersucht. Die Behörden nehmen den Fall ernst, allerdings sind bislang noch keine weiteren Details zu den Ermittlungen bekannt.

Hast du das «Ausländer raus»-Video von Sylt gesehen?

Reitz hofft, dass die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden und betont, wie wichtig es ist, solche Vorfälle öffentlich zu machen.

Vorgeschichte

Lange war «L’amour toujours» von Gigi D'Agostino nichts anderes als ein harmloser Party-Klassiker. Ende Mai wurde das Lied aber in ein anderes Licht gerückt.

Party-Gäste auf Sylt grölten zur Melodie des Songs rechtsextreme Parolen wie «Ausländer raus» und «Deutschland den Deutschen». Ein Video davon ging viral – und sorgte über die Landesgrenze hinaus für Entsetzen.

Dann kam es europaweit immer wieder zu ähnlichen Szenen – sogar in Österreich wurde ermittelt. Während Oktoberfeste in Deutschland das Original-Lied von ihren Playlists verbannten, hielten Schweizer Oktoberfeste daran fest.

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