Den schrecklichen Moment des Gleis-Mordes von Frankfurt haben viele Personen vor Ort miterlebt. Eine Augenzeugin verarbeitet ihre Gefühle in einem Text.
SBB Gleis Rose
Auf dem SBB Gleis liegt eine abgetrennte Rose. - Keystone
Ad

Das Wichtigste in Kürze

  • Das ICE-Drama in Frankfurt vom Montag haben viele Menschen vor Ort mitbekommen.
  • Eine Augenzeugin rührt derzeit Tausende Menschen mit einem emotionalen Facebook-Post.
  • Karin Schmidt-Friderichs regt mit ihren Zeilen zum Nachdenken an.

Am Montagmorgen kommt es am Frankfurter Hauptbahnhof zu der unfassbaren Tat. Ein in der Schweiz lebender Eritreer stösst einen Buben (†8) und seine Mutter (40) vor einen einfahrenden Zug. Die Mutter überlebt, ihr Sohn wird vom ICE überrollt.

Viele Personen hatten den schrecklichen Vorfall vor Ort miterlebt. Eine von ihnen rührt mit ihren Worten zurzeit Tausende Menschen. Karin Schmidt-Friderichs regt mit ihren Zeilen aber auch zum Nachdenken an.

«Ich war heute in Frankfurt auf der Höhe der Unglücksstelle zwei Gleise entfernt. Der entsetzliche Schrei klingt nach. Und das Erlebnis, wildfremde Menschen fest in den Arm zu nehmen, weil sie sichtlich Schockreaktionen zeigen», beginnt ein Beitrag auf dem Facebook-Profil der Frau. Diesen veröffentlichte sie nur wenige Stunden nach den dramatischen Szenen.

post
Facebook-Post von Karin Schmidt-Friderichs. (1/2)
post
Facebook-Post von Karin Schmidt-Friderichs. (2/2)

«Es ist immer sehr einfach, zu schimpfen»

Die Mainzerin beschreibt mit berührenden Worten, wie sich die Menschen am Bahnhof nach der furchtbaren Tat umeinander kümmerten. «Wildfremde Menschen lagen sich in den Armen, weinten miteinander und zitterten.» Doch die Verlegerin merkt auch an: «Wenn etwas Schlimmes passiert, zeigt sich fratzenhaft der wirkliche Charakter.»

So habe sie zum Beispiel erlebt, wie direkt im Anschluss weintrinkende Menschen auf reservierte Plätze in Ersatzzügen bestanden hätten. Bei schlimmen Situationen wie diesen würden «gute Züge (im Menschen) besser, schlechte schlechter», so Schmidt-Friderichs. Das gelte auch für die Reaktionen aus Politik und Gesellschaft.

«Der aggressive Täter kam aus Eritrea. Das darf nicht auf alle Menschen mit Migrationshintergrund oder dunkler Hautfarbe übertragen werden. Bitte nein.» Es sei immer sehr einfach, zu schimpfen und zu verurteilen.

«Und Gewalt gehört verurteilt. Immer. Egal, von wem sie ausgeht und wie die Hautfarbe und Herkunft ist.» Die Wahrheit sei komplex. «Und immer komplexer als rechte Idioten sie jetzt ausschlachten.»

Eritreer Frankfurt ICE Drama
Der Tatverdächtige Eritreer wird in Frankfurt dem Haftrichter vorgeführt. Foto: Christoph Reichwein - dpa-infocom GmbH

«Bin nicht gläubig, aber werde beten»

Abschliessend widmet Schmid-Friederichs ihre Gedanken jener 40 Jahre alten Mutter, die ihren Sohn (8) am Montag verloren hat. «Irgendwo in einem Krankenhaus in Frankfurt liegt eine Mutter, die - selbst ins Gleisbett geschubst - ihr Kind sterben sah. Das Schlimmste, was ein Mensch erleben kann.»

Und weiter: «Ich bin nicht gläubig, aber jetzt vor dem Einschlafen werde ich beten. Für die Frau, die zehn Meter von mir entfernt ihr Kind verlor. Und ich werde bitten, dass die Tatsache, dass der Idiot, der das tat, Eritreer war, das Klima in Deutschland nicht weiter vergiftet...»

Frankfurt am Main
Blumen, Kuscheltiere und Beileidsbekundungen am Gleis 7 im Hauptbahnhof von Frankfurt am Main. Foto: Frank Rumpenhorst - dpa-infocom GmbH

Augenzeugin zeigt sich ergriffen über «Resonanz»

Der Beitrag wurde inzwischen fast 2000-mal kommentiert und über 12'000-mal geteilt. Viele bedankten sich für die eindringlichen und treffenden Worte der Frau.

In einem weiteren Postin zeigt sich die Deutsche am Dienstag ergriffen und dankbar. «Gestern Abend habe ich etwas geschrieben über einen besonderen Tag, eine schreckliche Erfahrung und darüber, dass zur selben Zeit auch Gutes war. Ich habe geschrieben, was ich denke. Als privater Mensch. Die Resonanz ist unvorstellbar.»

post
Schmidt-Friderichs bedankt sich für die Reaktionen. - Screenshot Facebook
Ad
Ad

Mehr zum Thema:

MutterGewalt