Nach dem Gleis-Mord in Frankfurt sehen rechte Politiker die Asylpolitik in der Verantwortung. Diese Denklogik der SVP stösst jedoch auf grosse Kritik.
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Ein ICE fährt am Mittwochmorgen am Bahnsteig 7 im Frankfurter Hauptbahnhof ein. - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Die SVP sieht nach dem Gleis-Mord in Frankfurt Handlungsbedarf in der Asylpolitik.
  • Die Argumentation sorgt jedoch für grosse Kritik.

Bekommt die Rechte doch noch ihr Wahlkampf-Thema? Die SVP setzte jedenfalls nach dem Gleis-Mord von Frankfurt alles daran. Logik: Weil der mutmassliche Täter eritreischer Herkunft ist, stellen alle Eritreer eine Gefahr dar. Dieser «Logik» folgen unverblümt diverse SVP-Exponenten.

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Claudio Schmid, Zürcher SVP-Kantonsrat, am 30. Juli auf Twitter. - Twitter/@claudio_schmid

So verschickt die SVP Zürich eine Medienmitteilung mit dem Betreff «Eritreeischer «Flüchtling» aus Zürich bringt Bub um!» Es folgt in der bereits erwähnten Logik. «Die Zürcher SVP kritisiert seit jeher die lasche Asylpolitik gegenüber Eritreern. Diese abscheuliche Tat zeigt einmal mehr auf, dass es sich bei solchen Personen um nichtintegrierbare Gewalttäter handelt, die in der Schweiz nichts verloren haben.»

Und weiter: «Die Zürcher SVP stellt fest, dass ein solcher Mord jederzeit auch in der Schweiz passieren kann.» Dann: «Es darf nicht sein, dass wir mit dem Gut-Menschen-Denken solchen Personen Asyl gewähren und gleichzeitig unsere Familien, insbesondere Frauen und Kinder, in Gefahr bringen.» Die SVP sei die einzige Partei, die «solche Vorkommnisse» verhindern wolle.

Grosse Empörung auf Social Media

Auf Twitter und Facebook wird ebenfalls mit der grossen Kelle angerührt:

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Ex-SVP-Nationalrat Christoph Mörgeli auf Twitter.
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Claudio Schmid, Zürcher SVP-Kantonsrat, auf Twitter.
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SVP-Nationalrat Claudio Zanetti.
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SVP-Nationalrat Claudio Zanetti.
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Claudio Schmid, Zürcher SVP-Kantonsrat, auf Twitter.
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Claudio Schmid, Zürcher SVP-Kantonsrat, auf Twitter.
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Die SVP Kanton Zürich am 30. Juli 2019.
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Die Junge SVP meldete sich am 29. Juli zu Wort.
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SVP-Nationalrat und -Asylchef Andreas Glarner.
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SVP-Nationalrat und -Asylchef Andreas Glarner.

Die Frage stellt sich, welcher Aspekt zur schrecklichen Tat des 40-jährigen Mannes aus Wädenswil am Zürichsee geführt hat. War es seine Eigenschaft als Eritreer, wie die SVP behauptet?

Ausländer mit C- oder B-Ausweis waren 2018 für 37 Prozent der total 208 Tötungsdelikte verantwortlich. Oder seine Eigenschaft als Mann? Schliesslich werden 85 Prozent aller Tötungsdelikte von Männern verübt.

Oder war seine Eigenschaft als psychisch Angeschlagener? Gemäss Kapo Zürich war der Mann in psychiatrischer Behandlung. Hinweise auf eine Radikalisierung habe man indes keine. Die Ermittlungen zum Motiv laufen weiter.

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Auch AfD-Chefin Alice Weidel sieht im Gleis-Mord in Frankfurt das Problem bei der Migration. - Twitter/@Alice_Weidel

Die Kritik folgt auf dem Fusse

Der Instrumentalisierungsversuch sorgt derweil für Kritik. SP-Nationalrat Cédric Wermuth sagt zu Nau: «Ich habe es noch nie erlebt, dass sich Leute so offensichtlich über einen grausamen Mord an einem Kind regelrecht gefreut haben. Ich bin schockiert, das ist abscheulich.» Die SVP habe offenbar ihren moralischen Kompass verloren.

Auch Twitter-User echauffieren sich über die SVP. «Die Partei und ihre Exponenten verbrachten den gestrigen Tag damit, aus der Tötung des 8-jährigen Knaben in Frankfurt einen Wahlkampfschlager zu machen», schreibt etwa @TFassbind.

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SP-Nationalrat Cedric Wermuth im Nationalrat. - Keystone

User @__investigate__ meint: «Der Mord am Frankfurter Bahnhof wird von dieser unmenschlichen Partei dafür politisch ausgeschlachtet.» Laura Zimmermann von der Operation Libero findet: «Was oftmals in den Kommentarspalten hängen bleibt sind keine Sicherheitsbedenken, sondern simpler Rassismus.»

Auch @Lenaallenspach ist wenig erstaunt. «Die gleichen fremdenfeindlichen Inhalte, die selbe Taktlosigkeit und ein verzweifelter Versuch, ein Parteiprogramm zu retten.»

In den Tamedia-Blättern sorgt derweil ein Kommentar von Philipp Loser für Resonanz. Er weist darauf hin, dass vor wenigen Monaten in Basel eine Seniorin einen siebenjährigen Buben erstach. Hier warf niemand allen Senioren vor, potenzielle Kindsmörder zu sein.

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