Der Weltkriegsgedenktag stimmt nachdenklich. Merkel und Macron nehmen die Gedenkfeier zum Anlass, um Warnungen auszusprechen.
Erster Weltkrieg - Waffenstillstand 1918
Justin Trudeau (l-r), Premierminister von Kanada, Mohammed VI., König von Marokko, Donald Trump, Präsident der USA, Bundeskanzlerin Angela Merkel, Emmanuel Macron, Präsident von Frankreich und seine Frau Brigitte Macron, Wladimir Putin, Präsident von Russland, und Peter Cosgrove, Generalgouverneur von Australien, nehmen an einer Gedenkveranstaltung am Triumphbogen teil. - dpa
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Das Wichtigste in Kürze

  • Heute Sonntag fanden in Paris Weltkriegs-Gedenkfeiern statt.
  • Ohne Trump namentlich zu nennen, warnte Merkel vor «Scheuklappendenken».

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron haben die Gedenkfeiern zum Ende des Ersten Weltkriegs vor hundert Jahren zu Appellen gegen den wieder erstarkenden Nationalismus genutzt. Ohne US-Präsident Donald Trump namentlich zu nennen, warnte Merkel am Sonntag in Paris vor «Scheuklappendenken», das «selbst das europäische Friedensprojekt wieder in Frage» stelle. Macron rief dazu auf, der «Faszination für Abschottung, Gewalt und Dominanz» zu widerstehen.

Als Eröffnungsrednerin zu einem dreitägigen Friedensforum sagte Merkel, der Frieden sei hundert Jahre nach dem Waffenstillstand vom 11. November 1918 «alles andere als selbstverständlich». Trump nahm anders als Russlands Präsident Wladimir Putin nicht an dem Forum teil.

Die Kanzlerin hielt dort ein Plädoyer für die internationale Zusammenarbeit. «Was uns heute herausfordert, was uns gefährdet, das können wir in den allermeisten Fällen nicht national, sondern nur noch gemeinsam lösen. Und deshalb müssen wir uns zu dieser Gemeinsamkeit bekennen», betonte sie.

Merkel Macron
Angela Merkel und Emmanuel Macron im Oktober 2018 in Istanbul. - Keystone

Dafür sei eine Zusammenarbeit im Rahmen der Vereinten Nationen unerlässlich, sagte Merkel. UN-Generalsekretär António Guterres warnte als Folgeredner vor einer verhängnisvollen politischen «Verkettung» wie in den 1930er Jahren.

Macron hatte zuvor bei einer Rede am Pariser Triumphbogen vor Staats- und Regierungschefs aus mehr als 70 Ländern gesagt: «Patriotismus ist genau das Gegenteil von Nationalismus. Der Nationalismus ist sein Verrat:» Auch Trump gehörte zu den Zuhörern. Der US-Präsident folgt der Devise «Amerika zuerst» und bezeichnet sich selbst als «Nationalist».

Neben Trump nahmen unter anderen Merkel, Putin, der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdogan und Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu an der Zeremonie am Triumphbogen teil.

Bei einem anschliessenden Mittagessen der Staat- und Regierungschefs im Elysée-Palast sprachen Trump und Putin unter anderem über die Konfliktherde Syrien, Iran und Nordkorea, wie aus Macrons Umfeld verlautete. Putin nannte die Unterredung, an der sich zum Teil auch Macron und Merkel beteiligten«, vor seiner Abreise nach Moskau »gut«.

Als einziger EU-Staat entsandte Ungarn keinen hochrangigen Vertreter zu den Pariser Feierlichkeiten. Die Regierung von Viktor Orban verfolgt ebenfalls einen nationalistischen Kurs. Das Europaparlament hatte wegen Verletzung der EU-Grundwerte in einem bisher beispiellosen Schritt Mitte September ein Strafverfahren gegen das Land eingeleitet.

Zu Beginn der Pariser Gedenkzeremonie, bei der Schüler Briefe von Weltkriegssoldaten vorlasen, läuteten ab 11.00 Uhr die Glocken der Kathedrale Notre Dame und der Kirchen in ganz Frankreich - wie auch am 11. November 1918, als so der Waffenstillstand im ganzen Land verkündet wurde.

Rund 10.000 Polizisten sicherten die Gedenkfeierlichkeiten an den Champs-Elysées ab. Sicherheitskräfte nahmen kurz vor Beginn drei Femen-Aktivistinnen fest. Sie hatten die Absperrungen überwunden und versucht, die Ankunft von Trump zu stören. Auf ihren Brüsten trugen sie die Aufschriften »Heuchler-Parade« und »Gangsta-Party«. Auf dem Platz der Republik im Zentrum von Paris demonstrierten rund 1500 Menschen friedlich gegen Trump.

Merkel und Macron hatten bereits am Samstag gemeinsam des Weltkriegsendes gedacht. Beide besuchten die Waldlichtung bei Compiègne nordöstlich von Paris, auf der die Deutschen am 11. November 1918 den Waffenstillstand mit den Alliierten unterzeichnet und damit ihre Kapitulation besiegelt hatten.

Merkel dankte Macron für die »sehr symbolische Geste« und nannte ihren Besuch »bewegend«. Die Kanzlerin war die erste deutsche Regierungschefin, die den Ort besuchte, seit der Diktator Adolf Hitler ihn im Juni 1940 nach dem Einmarsch in Frankreich zur Demütigung des damaligen Erzfeindes nutzte. Hitler überwachte die Kapitulation der Franzosen persönlich in demselben Eisenbahnwaggon, in dem die Deutschen 1918 den Waffenstillstand mit den Alliierten besiegelt hatten.

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