An diesem Samstag jährte sich erstmals der Tod Aminis, der im Herbst 2022 die schwersten Aufstände im Iran seit Jahrzehnten ausgelöst hatte.
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Eine Frau mit einem Plakat trotzt der Polizei, die sie blockiert. Sie nimmt an einer Kundgebung zum ersten Jahrestag des Todes der Iranerin Mahsa Amini in Istanbul teil, 16. September 2023. - keystone

Mit strengen Sicherheitsvorkehrungen hat die iranische Staatsführung rund um den Todestag der Protestikone Jina Mahsa Amini erneut ihre Macht demonstriert. Der Geheimdienst meldete am Wochenende zahlreiche Festnahmen, wie Staatsmedien berichteten. Aminis Vater wurde in ihrer Heimatstadt Saghes am Samstag vorübergehend festgenommen und verhört, wie mehrere kurdische Menschenrechtsgruppen berichteten. In Berlin, Hamburg, Frankfurt und anderen deutschen Städten zeigten Tausende Menschen ihre Solidarität.

Islamische Sittenwächter hatten die damals 22-Jährige wegen eines angeblich nicht richtig getragenen Kopftuchs festgenommen. Was genau danach geschah, ist bis heute ungeklärt – letztlich fiel die junge Frau ins Koma und starb in einem Krankenhaus. Zu Aminis Beerdigung strömten damals Tausende Menschen. Ausgehend von den Kurdenregionen verbreiteten sich die Proteste wie ein Lauffeuer.

Proteste im ganzen Land gewaltsam niedergeschlagen

Vor allem die junge Generation ging in der Folge unter dem Slogan «Frau, Leben, Freiheit» gegen die repressive Politik der islamischen Führung auf die Strasse. Die Staatsmacht liess die Proteste, die das Land über Monate hinweg in Atem hielten, gewaltsam niederschlagen. Auf Geheiss der iranischen Justiz wurden sieben Männer im Zusammenhang mit den Demonstrationen hingerichtet. Als Zeichen des stillen Protests ignorieren bis heute viele Frauen die Kopftuchpflicht.

In Deutschland und der Schweiz gab es zum Jahrestag verschiedene Demonstrationen in mehreren Städten. In Hamburg schätzte das Lagezentrum, dass sich rund 2500 Menschen an Demonstrationen beteiligt hätten. In Berlin gab es Aktionen unter anderem am Grossen Stern und vor dem Reichstagsgebäude, ebenfalls in Frankfurt und Brüssel fanden Märsche statt. In der Schweiz gab es Demonstrationen unter anderem in Basel und Luzern.

Irans Kurdenregionen im Ausnahmezustand – zahlreiche Festnahmen

Aminis Heimatort Saghes wurde vor ihrem Todestag abgeriegelt. Aus Angst vor einem erneut gewaltsamen Vorgehen der Sicherheitskräfte gab es zunächst keine Protestaufrufe. Den Todestag wollten Menschen in den Kurdengebieten dennoch würdigen, etwa durch Ladenschliessungen. Irans Geheimdienst nahm laut einem Bericht der Nachrichtenagentur Tasnim mehrere Bewohner in den Kurdengebieten fest. Auch in anderen Städten herrschte mit Strassenkontrollen eine angespannte Stimmung.

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Menschen in Istanbul protestieren für mehr Freiheit und Gerechtigkeit für Frauen. - keystone

Die berühmte Schauspielerin Hanieh Tavassoli wurde am Wochenende kurzzeitig festgenommen, wie iranische Medien unter Berufung ihre Schwester berichteten. Tavassolis Instagram-Auftritt mit ihren zwei Millionen Followern war unterdessen nicht zu erreichen. Die 44-Jährige kam auf Kaution frei. Im Zuge der Protestwelle im Herbst 2022 waren mehrere Schauspielerinnen ins Fadenkreuz der Justiz geraten, die sich mit der Bewegung solidarisiert hatten.

Im Südiran töteten unbekannte Angreifer ein Mitglied der berüchtigten Basidsch-Einheiten, wie die staatliche Nachrichtenagentur IRNA am Sonntag berichtete. Drei weitere Männer seien verwundet worden. Die Miliz spielt eine zentrale Rolle bei der Unterdrückung von Protesten im Land. Die Einheit ist Teil der Revolutionsgarden, ihr sollen mehrere Hunderttausend systemtreue Anhänger angehören.

Baerbock setzt Zeichen – Scholz mit Protest-Slogan

Bundesaussenministerin Annalena Baerbock versprach den Menschen im Iran unterdessen weitere Unterstützung gegen Unterdrückung. «Wir setzen die Schicksale der Menschen im Iran in Brüssel, New York und Genf auf die Tagesordnung», erklärte die Grünen-Politikerin, die sich derzeit in den USA aufhält. Dort traf sie am Freitag (Ortszeit) die Tochter des im Iran wegen Terrorvorwürfen zum Tode verurteilten Deutsch-Iraners Djamshid Sharmahd. Er ist einer von mehreren im Iran inhaftierten Deutschen. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) schrieb in einem X-Post mit dem Hashtag #MahsaAmini: «Frau, Leben, Freiheit».

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