Die Taliban machen Jagd auf die Helfer des Westens. Ein Scharfschütze, der mit den Briten zusammenarbeitete, wurde vor den Augen seiner Familie hingerichtet.
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Die Taliban haben in Afghanistan wieder das Sagen. - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Dem Westen gelang es nicht, vor dem 30. August alle afghanischen Helfer zu evakuieren.
  • Die Taliban versprachen den Verbliebenen Amnestie – doch halten sich offenbar nicht daran.
  • Es mehren sich die Berichte, nach denen die Islamisten westliche Helfer jagen.

Sie versprachen Amnestie, doch jetzt haben die Taliban mit ihrem Rachefeldzug begonnen...

Ein afghanischer Scharfschütze, der mit britischen Spezialeinheiten zusammenarbeitete, wurde am Montag vor den Augen seiner Familie hingerichtet. Das sagte ein ehemaliger Oberst der britischen Armee gegenüber «The Times».

Das Opfer, ein fünffacher Familienvater, wird in dem Bericht nur «N» genannt, um seine überlebenden Verwandten zu schützen. «N» ist demnach einer der Hunderten der westlichen Verbündeten, die bei der Evakuation zurückgelassen wurden.

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Der Westen konnte längst nicht alle afghanischen Verbündeten bis zum 30. August aus Kabul evakuieren. (Archiv) - dpa-infocom GmbH

«Er hatte sich wegen der Bedrohung, der er ausgesetzt war, versteckt», so Ash Alexander-Cooper. Die Taliban hätten «N» aber gefunden und mit mehreren Schüssen getötet. Alexander-Cooper, der frühere leitende Berater des afghanischen Innenministeriums, hatte in der Vergangenheit mit dem ermordeten Afghanen zusammengearbeitet. Der Scharfschütze sei Teil einer «sehr effektiven» afghanischen Elite-Truppe gewesen, so der Armeeoffizier weiter.

Gegenüber «The Times» zeigt sich Alexander-Cooper nicht überrascht, über die Ermordung seines ehemaligen Kollegen. «Es war völlig absehbar, dass dieses Schicksal alle Zurückgebliebenen ereilen wird.» Der Mord beweise, dass die Amnestieerklärungen der Taliban für diejenigen, die gegen die Islamisten kämpften, nur eine «Fantasie» sei.

Dolmetscher von Taliban entführt, geschlagen und festgehalten

Die britische Zeitung berichtet weiter von einem Dolmetscher, der ebenfalls den Briten geholfen hatte und nicht evakuiert werden konnte. Sharif Karimi (31) sei von einem 25-köpfigen Taliban-Trupp entführt und schwer geschlagen worden.

Der vierfache Familienvater sagte, er sei vier Tage lang in einer winzigen Zelle mit kaum Sauerstoff festgehalten worden. Er sei schliesslich freigelassen worden, weil örtliche Älteste eingegriffen hätten. Zudem gelang es seiner Familie ein Lösegeld in der Höhe von 21'500 US-Dollar zu bezahlen, heisst es weiter.

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Innerhalb der Taliban scheint es Unstimmigkeiten darüber zu geben, wie Afghanistan regiert werden sollte. - Keystone

Das britische Verteidigungsministerium teilte der Zeitung mit, dass die Streitkräfte des Landes über 15'000 Menschen aus Kabul evakuieren konnten. «Leider gelang es in der begrenzten Zeit aber nicht, alle zu evakuieren», so ein Sprecher.

Das Engagement für Afghanistan und diejenigen, die dort den britischen Einsatz unterstützten, dauere aber an. «Wir werden weiterhin mit internationalen Partnern zusammenarbeiten, um sicherzustellen, dass sie sicher aus Afghanistan herauskommen», fügte das Verteidigungsministerium hinzu.

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