Kritiker fürchten das Ende der Autonomie. Nach den Demonstrationen in Hongkong zieht Chinas kommunistische Führung die Zügel enger. Viele Hongkonger sehen ihre Freiheiten in Gefahr - folgen jetzt Sanktionen?
Bereitschaftspolizisten halten im Zentrum von Hongkong zwei junge Demonstranten fest. Foto: Kin Cheung/AP/dpa
Bereitschaftspolizisten halten im Zentrum von Hongkong zwei junge Demonstranten fest. Foto: Kin Cheung/AP/dpa - dpa-infocom GmbH
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Das Wichtigste in Kürze

  • Trotz massiver internationaler Kritik hat Chinas Volkskongress die Pläne für ein neues Sicherheitsgesetz in Hongkong gebilligt.

Zum Abschluss ihrer Jahrestagung in Peking beauftragten die Abgeordneten am Donnerstag den Ständigen Ausschuss des Parlaments, das sogenannte Gesetz zum Schutz der nationalen Sicherheit in der ehemaligen britischen Kronkolonie zu erlassen. In Hongkong - heute eine chinesische Sonderverwaltungsregion - gibt es seit Monaten Proteste gegen den Einfluss aus Peking.

Das Gesetz umgeht Hongkongs Parlament. Es richtet sich gegen Aktivitäten, die als subversiv oder separatistisch angesehen werden. Das Vorhaben wäre der bisher weitgehendste Eingriff in die eigentlich garantierte Autonomie. Hongkong wird seit der Rückgabe an China 1997 nach dem Grundsatz «ein Land, zwei Systeme» als eigenständiges Territorium regiert.

Aussenminister Heiko Maas (SPD) mahnte nach dem Beschluss: «Das hohe Mass an Autonomie Hongkongs darf nicht ausgehöhlt werden.» Er erwarte, dass die dortigen Freiheiten und Rechte gewahrt bleiben. Die USA drohen der Volksrepublik inzwischen sogar mit Sanktionen. Aussenminister Mike Pompeo sagte, man halte die Sondervorteile für Hongkong wegen der zunehmenden Einmischung Chinas nicht mehr für gerechtfertigt. Für Hongkongs Firmen und Bürger steht dabei viel auf dem Spiel - von höheren Zöllen bis zur Visa-Vergabe für Reisen.

Zusammen mit Grossbritannien, Australien und Kanada veröffentlichten die USA am Donnerstag eine gemeinsame Erklärung. Darin heisst es: «Hongkongs Autonomie und das System, das so grossen Wohlstand gebracht hat, würden dramatisch ausgehöhlt.» Der Vorsitzende der EVP-Fraktion im Europäischen Parlament, Manfred Weber (CSU), sagte der «Bild»-Zeitung: «Wir brauchen diplomatischen Druck. China muss wissen, dass Europa die Entwicklung nicht akzeptiert.»

Das Gesetz wendet sich auch gegen ausländische Einmischung. Zur Durchsetzung sollen «wenn nötig» sogar chinesische Sicherheitsorgane in Hongkong eingesetzt werden. Die prodemokratischen Kräfte fürchten, dass sie Ziel des Gesetzes werden. Die Wirtschaftsmetropole erlebt seit vergangenen Sommer Woche für Woche Demonstrationen gegen die von Peking eingesetzte Regierung, Polizeibrutalität bei den Protesten und den wachsenden Einfluss der kommunistische Führung.

Chinas Ministerpräsident Li Keqiang verteidigte die Pläne. Nach Ende der Jahrestagung sagte der Premier am Donnerstag vor der Presse, das Gesetz diene der «beständigen Umsetzung» des Grundsatzes «Ein Land, zwei Systeme». Es werde «langfristig Stabilität und Wohlstand» in Hongkong sichern.  Seine Äusserungen fielen allerdings auffällig kurz und vage aus.

Die rund 2900 Abgeordneten in der Grossen Halles des Volkes billigten auch den Haushalt mit einer starken Steigerung des Militäretats um 6,6 Prozent. Um die Wirtschaft in der Corona-Krise anzukurbeln, sind höhere Staatsausgaben, neue Anleihen sowie eine Senkung von Steuern und Abgaben geplant. Dafür soll das Haushaltsdefizit über die kritische Marke von drei Prozent auf mehr als 3,6 Prozent steigen. Das nicht frei gewählte chinesische Parlament hat in seiner Geschichte noch nie eine Vorlage abgelehnt.

Wegen des Ausbruchs des Coronavirus hatte die Jahrestagung im März verschoben werden müssen - erstmals in der jüngeren Geschichte der Volksrepublik. Die rund 2900 Abgeordneten wurden mindestens zweimal auf Sars-CoV-2 getestet. Zudem wurde die Tagung auf eine Woche verkürzt.

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