Myanmar: Warum sitzt Friedensnobelpreisträgerin Suu Kyi in Haft?
Die Friedensnobelpreisträgerin und Menschenrechtsaktivistin Aung San Suu Kyi sitzt in Myanmar im Gefängnis. Das wird ihr vorgeworfen.

Die Sorge ist gross: Kim Aris, der 48-jährige Sohn der inhaftierten Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi, schlägt Alarm. In einem eindringlichen Video-Appell auf Facebook berichtet er von den sich verschlechternden Herzkomplikationen seiner 80-jährigen Mutter
Die einstige Ikone der Demokratiebewegung habe um eine Behandlung durch einen Kardiologen gebeten. Doch niemand wisse, wo sie festgehalten werde oder ob sie angemessen medizinisch versorgt werde.
«Das Vorgehen des Militärs ist grausam, lebensbedrohlich und inakzeptabel», erklärte Aris in seinem verzweifelten Aufruf an die internationale Öffentlichkeit. Er forderte nicht nur die sofortige Freilassung seiner Mutter, sondern aller politischen Gefangenen in Myanmar, so der «Spiegel».
Der Sturz einer Ikone: 33 Jahre Haft in Myanmar für Aung San Suu Kyi
Aung San Suu Kyi war im Februar 2021 beim Militärputsch in Myanmar von der Junta festgenommen worden, berichtet die «Zeit». Die Generäle begründeten ihr Vorgehen mit angeblichem Wahlbetrug bei der Parlamentswahl vom November 2020.
Suu Kyis Partei, die Nationale Liga für Demokratie (NLD), hatte einen erdrutschartigen Sieg errungen. Seitdem durchlief die Friedensnobelpreisträgerin eine Serie von Gerichtsverfahren, die von Kritikern als politisch motivierte Schauprozesse bezeichnet werden.

Die von der Militärjunta kontrollierten Gerichte verurteilten sie wegen verschiedener Anklagepunkte zu insgesamt 33 Jahren Haft. Die Vorwürfe reichen von Anstiftung zum Aufruhr über Korruption bis hin zu Verstössen gegen Corona-Auflagen und Telekommunikationsgesetze .
Ein Leben zwischen Widerstand und Macht
Geboren wurde Suu Kyi am 1945 in Rangun als Tochter des birmanischen Unabhängigkeitshelden General Aung San. Sie studierte Philosophie, Politik und Wirtschaft in Oxford und heiratete den britischen Tibetologen Michael Aris .
Ihr politisches Erwachen erlebte Suu Kyi 1988, als sie zur Pflege ihrer kranken Mutter nach Myanmar zurückkehrte. Sie fand sich inmitten landesweiter Proteste gegen die Militärdiktatur wieder.

Sie schloss sich der Demokratiebewegung an und rief zu Gewaltlosigkeit und zivilem Ungehorsam auf. 1988 gründete Suu Kyi laut «evangelisch.de» die Oppositionspartei «National League for Democracy» .
Suu Kyi stand unter Hausarrest
Für ihren gewaltlosen Widerstand zahlte Suu Kyi einen hohen Preis: Das Militärregime stellte sie über einen Zeitraum von 21 Jahren fast 15 Jahre lang unter Hausarrest .
Trotz – oder gerade wegen – ihrer Isolation wurde sie zur internationalen Symbolfigur des Widerstands gegen Unterdrückung. 1991 erhielt sie «für ihren gewaltlosen Kampf für Demokratie und Menschenrechte» den Friedensnobelpreis .
Ihr Ehemann und ihre beiden Söhne nahmen die Auszeichnung stellvertretend in Oslo entgegen. Erst 2012, nach ihrer Freilassung, konnte sie die Dankesrede nachholen.
Vom Hausarrest zur Regierungsmacht
Nach ihrer Freilassung 2010 führte Suu Kyi die NLD zu einem triumphalen Wahlsieg 2015, wie «demokratiezentrum.org» berichtet. Da ihr die Verfassung aufgrund ihrer ausländischen Familienmitglieder das Präsidentenamt verwehrte, wurde sie 2016 zur De-facto-Regierungschefin als Staatsberaterin .
Ihre Zeit an der Macht überschattete jedoch die Rohingya-Krise: Die internationale Gemeinschaft kritisierte sie scharf dafür, dass sie sich nicht gegen die Verfolgung und Vertreibung der muslimischen Minderheit stellte .
Ungewisse Zukunft im Gefängnis
Heute sitzt die einst gefeierte Freiheitsikone erneut hinter Gittern. Nach einer teilweisen Begnadigung wurde ihre ursprüngliche Haftstrafe von 33 auf 27 Jahre reduziert, berichtet die «Tagesschau».

Berichte über ihre Haftbedingungen dringen nur sporadisch an die Öffentlichkeit. Neben den aktuell gemeldeten Herzproblemen soll sie auch unter Zahnfleischproblemen leiden, die ihr das normale Essen erschweren
Während Myanmar seit dem Putsch in Chaos und Bürgerkrieg versinkt, bleibt das Schicksal der 80-jährigen Friedensnobelpreisträgerin ungewiss. Ihr Sohn Kim Aris' verzweifelter Appell macht deutlich: Für eine Frau, die ihr Leben dem Kampf für Freiheit und Demokratie widmete, könnte die Zeit davonlaufen.