Bereits 2020 versuchte der Bergsteiger Jost Kobusch erfolglos, den Mount Everest im Winter ohne Sauerstoff zu erklimmen. Nun startet er einen neuen Versuch.
Mount Everest
Das Foto zeigt einen Blick auf den Berg Qomolangma, die tibetische Bezeichnung für den Mount Everest. - dpa
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Das Wichtigste in Kürze

  • Der deutsche Bergsteiger Jost Kobusch möchte eine riskante Everest-Mission unternehmen.
  • Er will den Mount Everest alleine, ohne Sauerstoff und im Winter erklimmen.
  • Dies gelang bisher nur einer Person.

Viele Bergsteigerinnen und Bergsteiger haben den Traum, einmal auf dem Mount Everest, dem höchsten Berg der Welt, zu stehen. Aber Jost Kobusch will es sich dabei besonders schwer machen. Und er könnte der erste sein, der es auf diese Weise ganz alleine schafft.

Kobusch weiss, dass seine Chancen, ganz nach oben zu kommen «sehr gering» sind. Es besteht auch die Möglichkeit, dass er nicht wieder zurückkehrt. Auch sind die Rettungschancen, wenn etwas schiefläuft, laut dem amerikanischen Bergsteiger und Blogger Alan Arnette praktisch gleich null.

«Gesunde Verrücktheit»

Aber den 29-Jährigen, reizt es gerade, dass er nicht weiss, ob sein Projekt möglich ist. Er will ganz alleine, ohne Sherpas, im windigen und kalten Winter und ohne Sauerstoffflaschen auf den Mount Everest steigen.

Mount Everest
Der Sonnenuntergang färbt den Gipfel des Mount Everest. - dpa

«Einige Leute sagen, dass ich spinne», sagt er. «Aber es ist eine gesunde Verrücktheit. Ich mache es ja nicht ohne Vorbereitung.»

Vor zwei Jahren, kurz vor Corona, hat es Jost Kobusch zum ersten Mal versucht. Nach eigenen Angaben hat er es auf 7350 Meter geschafft. Nun wagt er einen zweiten Versuch. Dabei hofft er, auf 8000 Meter zu kommen und dann irgendwann auf die 8848,8 Meter hohe Spitze des Mount Everest.

Riskantes Projekt gelang erst einer Person

Laut dem Expeditionsarchiv «Himalayan Database» gelang Kobuschs riskantes Vorhaben bislang erst einem Sherpa. Allerdings nicht alleine. Der 2020 gestorbene Ang Rita Sherpa war im Winter 1987/88 mit einer Gruppe koreanischer Bergsteiger unterwegs. Mit einem von ihnen schaffte er es auf den Gipfel des Mount Everest, dieser hatte allerdings künstlichen Sauerstoff dabei.

Mount Everest
Das Camp IV auf dem Mount Everest. - AFP/Archiv

Jost Kobusch hat bereits Rekorde gebrochen. Mit 21 bestieg er als weltweit jüngster Bergsteiger alleine den rund 6800 Meter hohen Ama Dablam im Himalaya. Dies zeigt ein Blick in das Expeditionsarchiv «Himalayan Database».

Mit 25 bestieg er den rund 7300 Meter hohen Nangpai Gosum II als erster Mensch überhaupt. Dafür wurde er für den renommierten Bergsteigerpreis Piolet d'Or nominiert.

Nur Angst im Flugzeug

Trotz der vielen Gefahren auf den Bergen denkt Jost Kobusch oft nur auf dem Weg dorthin an den Tod. Dann, wenn er in klapprigen alten Flugzeugen zu ihnen unterwegs ist.

«Ich frage mich, ob ich Rauch am Triebwerk sehe», sagt er. «Aber ich denke auch, dass ich ein gutes Leben hatte und nichts bereue. Und wenn es das gewesen wäre, wäre es gut so.»

Mount Everest
Das Basislager am Mount Everest. - AFP

Er weiss, dass sich seine Familie und seine Freundin Sorgen um ihn machen, wie er sagt. «Aber solche Gedanken schiebe ich beiseite und konzentriere mich auf das Ziel. Es ist eine sehr meditative Erfahrung und dabei spüre ich gar keine Emotionen. Aber in einigen ruhigen Momenten vermisse ich sie.»

Verschiedene Schwierigkeiten bei erstem Versuch

Auf die Everest-Spitze hat er es im Winter vor zwei Jahren noch nicht geschafft. «Die Route war schwerer als gedacht, und ein Teil von ihr war plötzlich kollabiert», sagt er. «Und der Wind war so stark, dass er mein Zelt beschädigt hat.»

Zudem habe er sich eine Fussüberbelastung zugezogen und während der ganzen Expedition Magenprobleme gehabt. Und dann sei der Winter Ende Februar 2020 auch schon um gewesen.

Mount Everest
Ein persönlicher Bergführer begleitet einen Bergsteiger auf dem Mount Everest. Jost Kobusch will den Gipfel aber alleine erklimmen. - dpa

Jost Kobusch wählte eine selten begangene Route nach oben. Er habe viel Zeit gebraucht, sie zu erkunden, weil man nichts mehr von ihr sah, wie er sagt.

Er war immer wieder ein paar Tage unterwegs und erholte sich dann in einem Zelt im Basislager. Dort warten ein Koch und ein Küchenhelfer. An den schwierigsten Stellen habe er ein Fixseil befestigt, um dort schneller absteigen zu können.

Rückkehr nach Deutschland

Dann kam die Rückkehr nach Deutschland, er nahm es zunächst etwas gemütlicher. Denn er war monatelang auf über 5000 Metern unterwegs, wo der Körper viel Muskelmasse abbaut, wie er sagt. Er machte Physiotherapie, damit sich sein Fuss erholte.

«Ich genoss den Alltag, im eigenen Bett schlafen und warm duschen zu können», sagt er. «Ich liebte die Wärme des Zuhauses. Und als meine Freundin campen wollte, wollte ich das nicht.»

Gute Vorbereitung auf den Mount Everest

Aber bald begann Jost Kobusch mit seiner Vorbereitung für den zweiten Versuch, den Mount Everest im Winter zu besteigen. Dieses Mal spezifischer, wie er sagt. «Ich bin zum Beispiel mit Gewichten im Rucksack auf den Berg gestiegen. Vorher habe ich einfach viel Grundlagenausdauer gemacht.»

Die rund 15 Kilo im Rucksack simulierten sein Gepäckgewicht auf dem Mount Everest. Dort hat er etwa ein leichtes Zelt, einen Schlafsack, Trockennahrung, einen Kocher, Sonnencreme, Ersatzhandschuhe, Musik und ein Satellitentelefon dabei.

Auf seinem Trainingsplan standen auch Radfahren, Klettern und Krafttraining. Zudem zog er zum Trainieren in den französischen Skiort Chamonix am Fusse des Mont Blanc. Der ist mit 4810 Metern rund halb so hoch wie der Mount Everest.

Zurück im Himalaya

Inzwischen ist Jost Kobusch wieder zurück im Himalaya. In den kommenden Wochen will er sich an die Höhe akklimatisieren, indem er einen Sechstausender besteigen möchte. Dann will er zwischen dem 22. Dezember und Ende Februar immer wieder Versuche nach oben unternehmen.

Dazwischen will er sich alle paar Tage in einem Dorf erholen, das acht Kilometer vom Routeneinstieg entfernt ist. Auf einen Koch im Basislager vom Mount Everest will er dieses Mal verzichten. Damit will er das Projekt noch etwas minimalistischer gestalten.

Jost Kobusch: «Unmöglich, bis es jemand schafft»

Jost Kobusch sagt, er lebe im Moment. Ziele für die Zeit nach dem Langzeitprojekt Winter-Everest-Besteigung habe er noch nicht. Will er auch nicht. «Wenn man zu viele Ziele hat, gehen die verloren.»

Die nächsten paar Jahre will er es im Zweijahresrhythmus weiter versuchen. Er will sein Training weiter anpassen und besser werden. Ob auch Aufgeben für ihn eine Option wäre?

«Wenn ich trotz bester Vorbereitung und Wetter sehe, dass es nicht klappt, dann ist es für mich wohl nicht möglich. Aber ich glaube, dass es möglich ist. Sonst würde ich es ja nicht versuchen. Alles ist unmöglich, bis es jemand schafft.»

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