Künstliche Intelligenz hat auch ihre Schattenseiten. Im Iran etwa soll sie zum Einsatz kommen, um Frauen ohne Hidschab zu verfolgen.
ARCHIV - Eine mit Tschador und Hidschab gekleidete Frau läuft telefonierend durch die Strassen. (Symbolbild) Foto: Ebrahim Noroozi/AP/dpa
Wer als Frau im Iran keinen Hidschab trägt, macht sich strafbar. Jetzt soll Künstliche Intelligenz Verweigerinnen identifizieren. - sda - Keystone/AP/Ebrahim Noroozi
Ad

Das Wichtigste in Kürze

  • Seit 1979 ist es Frauen im Iran untersagt, ohne Hidschab unterwegs zu sein.
  • Der Tod von Masha Amini entfachte im Iran und weltweit Proteste gegen das Gesetz.
  • Nun reagiert die iranische Regierung mit KI-gestützten Gegenmassnahmen.

Nach dem Tod der Iranerin Masha Amini, die sich weigerte, einen Hidschab zu tragen, entbrannten Proteste gegen das Uralt-Gesetz. Der Widerstand gegen die strikte Hidschab-Pflicht im Iran ist gross.

Die iranischen Behörden reagieren nun nicht etwa mit Entschärfung, im Gegenteil: Im öffentlichen Fernsehen haben sie neue Gesichtserkennungssysteme vorgestellt. Diese sollen mittels künstlicher Intelligenz oder Maschine Learning Frauen ohne Schleier identifizieren.

Beteiligung internationaler Unternehmen

Chinesische Firmen wie Tiandy und möglicherweise Huawei sind involviert. Auch modifizierte Bosch-Kameras aus Schweden und den Niederlanden kommen zum Einsatz, so die NGO Article 19.

Zwar wurden die Systeme öffentlich demonstriert. Dennoch bestehen Zweifel an der Zuverlässigkeit dieser Technologie.

Nicht nur an der Überwachung, auch am Strafmass ändert sich etwas

Ein neues geplantes Gesetz sieht derweil drastische Strafen vor: Bis zu fünf Jahre Haft drohen Frauen, die keinen Schleier tragen. Weitere Konsequenzen könnten Lohnabzüge oder der Verlust von Bankdienstleistungen sein.

mahsa amini
Mahsa Amini wurde nur 22 Jahre alt. Grund: Weil sie keinen Hidschab trug, schlugen sie iranische Polizisten zu Tode.
Iran
Seither finden im ganzen Land Proteste gegen die Hidschab-Pflicht statt.
Künstliche Intelligenz
Statt zu entschärfen, reagiert die Regierung mit einschneidenden Massnahmen. Künftig sollen Hidschab-Verweigerinnen mit Künstlicher Intelligenz ausfindig gemacht werden.
Ein entsprechendes Überwachungssystem wurde vorgestellt – Kritiker zweifeln jedoch an dessen Funktionalität.

UN-Experten kritisieren die Massnahmen als weiteren Versuch, Frauen und Mädchen zu unterwerfen. Sie sprechen von einer Geschlechter-Apartheid.

Amnestie als Beruhigungsversuch?

Trotz der verschärften Gesetze gab es eine Amnestie für rund 80'000 Gefangene, darunter auch Hidschab-Protestlerinnen. Kritiker sehen darin einen Versuch, die Proteste zu beruhigen.

In der Verfolgung von Frauen, die sich wehren, gibt die Regierung nämlich nach wie vor Vollgas. Frauen ohne Hidschab am Steuer erhalten Hausbesuche und Beschwerden. Dabei werden ihnen Fotos vorgehalten, welche sie ohne Hidschab zeigen. Zudem werden Verwarnungen per SMS an Personen versendet, die sich nicht an die Hidschabpflicht halten.

Trotz erhöhter Überwachung und härteren Strafen kämpfen iranische Frauen weiterhin für ihr Recht auf Selbstbestimmung und Kleiderfreiheit. Wie sich die Situation entwickelt, bleibt abzuwarten.

Ad
Ad

Mehr zum Thema:

RegierungGesetzHuaweiBoschHaftTodKünstliche Intelligenz