Bei dem Vorgehen gegen die Demokratiebewegung nehmen die Hongkonger Behörden auch kritische Medien ins Visier. Dabei bedienen sie sich des umstrittenen Sicherheitsgesetzes. Kritik kommt auch aus Berlin.
Der Hongkonger Medientycoon Jimmy Lai (M), Gründer der pro-demokratischen Lokalzeitung Apple Daily, wird nach seiner Verhaftung von Polizisten eskortiert. Foto: Vincent Yu/AP/dpa
Der Hongkonger Medientycoon Jimmy Lai (M), Gründer der pro-demokratischen Lokalzeitung Apple Daily, wird nach seiner Verhaftung von Polizisten eskortiert. Foto: Vincent Yu/AP/dpa - dpa-infocom GmbH
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Das Wichtigste in Kürze

  • Fünf Führungskräfte der pro-demokratischen Hongkonger Zeitung «Apple Daily» sind wegen angeblichen Verstosses gegen das umstrittene Sicherheitsgesetz festgenommen worden.

Unter ihnen sind Verlagschef Cheung Kim-hung und Chefredakteur Ryan Law.

Rund 200 Polizisten durchsuchten den Hauptsitz des Unternehmens, um Beweismaterial sicherzustellen, wie die Polizei mitteilte.

Zeitungsgründer Jimmy Lai ist bereits in Haft

Es ist bereits das zweite Mal, dass die regierungskritische Zeitung mit einer solch grossangelegten Aktion ins Visier der Behörden gerät. Bereits im vergangenen August waren die Büroräume durchsucht worden. Zeitungsgründer Jimmy Lai wurde damals festgenommen. Der 73-Jährige sitzt derzeit eine Haftstrafe von 20 Monaten ab, weil ihm Anstiftung zu nicht autorisierten Protesten vorgeworfen wird.

Zudem wird gegen ihn wegen angeblicher Verstösse gegen das Sicherheitsgesetz ermittelt, das Peking vor einem Jahr als Reaktion auf anhaltende Massendemonstrationen für mehr Demokratie in der chinesischen Sonderverwaltungsregion eingeführt hatte.

Polizei sieht «Verschwörung mit dem Ausland»

Die Hongkonger Polizei teilte am Donnerstag mit, sie habe stichhaltige Beweise dafür, dass mehr als 30 in der «Apple Daily» veröffentlichten Artikel darauf abgezielt hätten, andere Staaten zu Sanktionen gegen China und Hongkong zu bewegen. Die Rede war von einer «Verschwörung mit dem Ausland». Der Hongkonger Sicherheitsminister John Lee sagte, dass die Polizei nicht auf «normale journalistischer Arbeit» reagiert hätte. Die Zeitung habe auf die Gefährdung der nationalen Sicherheit abgezielt. Lee warnte, dass sich jeder, der in Hongkong journalistisch tätig ist, an geltende Gesetze halten müsse. 

Das Hongkoger Sicherheitsgesetz zielt auf die pro-demokratische Opposition und richtet sich gegen Aktivitäten, die Peking als umstürzlerisch, separatistisch, terroristisch oder verschwörerisch ansieht. Aus Sicht von Kritikern dient es dazu, die Opposition mundtot zu machen und die Macht der Kommunistischen Partei zu zementieren.

Kritik aus Deutschland

Das Vorgehen gegen die Zeitung stiess auch in Deutschland auf Kritik. «Peking hat die Angriffe auf die freie Presse in Hongkong eskaliert», sagte die Vorsitzende des Menschenrechtsausschusses des Bundestages, Gyde Jensen (FDP). «Längst geht es nicht mehr darum, symbolisch führende Figuren aus dem Spiel zu nehmen, um die Demokratiebewegung zu schwächen.»

Die freie demokratische Hongkonger Gesellschaft werde systematisch abgebaut. «Pekings Ziel ist es, die kritische Öffentlichkeit vollkommen auszuschalten», sagte Jensen. «Wir brauchen jetzt eine Reaktion der EU - am besten abgestimmt mit unseren Partnern USA und Grossbritannien, bevor es endgültig zu spät ist.»

Sicherheitsgesetz sehr vage gehalten

Dutzende Festgenommene in Hongkong müssen sich wegen Anklagen nach dem ebenso vage gehaltenen wie weitreichenden Sicherheitsgesetz noch vor Gericht verantworten. Einige Führer wie Joshua Wong sitzen bereits in Haft. Eine ganze Reihe Hongkonger Aktivisten hat sich aus Angst vor Strafverfolgung in andere Staaten abgesetzt.

Seit dem 1. Juli 1997 gehört die frühere britische Kronkolonie wieder zu China und soll eigentlich nach dem Grundsatz «Ein Land, zwei Systeme» eigenständig regiert werden. Auch wurde den sieben Millionen Hongkongern damals zugesagt, über 50 Jahre noch bis 2047 «ein hohes Mass an Autonomie» und viele politische Freiheiten geniessen zu können. Seit dem Erlass des Sicherheitsgesetzes reden viele aber nur noch von «Ein Land, ein System».

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