Ist der Umgang mit den Palästinensern und Palästinenserinnen in Israel der Apartheid gleichzusetzen? Amnesty International sagt Ja.
apartheid
Amnesty International stellt in dem Bericht dar, wie Israel aus Sicht der Organisation gegenüber den Palästinensern ein «System der Unterdrückung und Herrschaft» ausübe. Foto: Maya Alleruzzo/AP/dpa - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International wirft Israel im Umgang mit den Palästinensern das Verbrechen der Apartheid vor.
  • Apartheid bedeutet Rassentrennung von einzelnen ethnischen Gruppen einer Bevölkerung.
  • Israels Aussenminister Jair Lapid wehrt sich gegen den Vorwurf und kritisiert Amnesty.
Ad

Apartheid wird die Doktrin der Trennung einzelner ethnischer Bevölkerungsgruppen genannt – vor allem bis 1994 in Südafrika. «Wir haben festgestellt, dass Israels grausame Politik der Segregation und Ausgrenzung in seinen kontrollierten Gebieten eindeutig Apartheid gleichkommt.» Dies sagte die Generalsekretärin von Amnesty International, Agnès Callamard, am Dienstag in London. Sie rief die internationale Gemeinschaft zum Handeln auf.

Israels Aussenminister Jair Lapid wies die Vorwürfe zurück. Amnesty sei eine «radikale Organisation, die Propaganda ohne ernsthafte Prüfung» wiedergebe. Sie zitiere Lügen, die von Terroristen in Umlauf gebracht würden. «Israel ist nicht perfekt – aber es ist eine Demokratie, die sich dem Völkerrecht verschrieben hat.»

apartheid
Der israelische Aussenminister Jair Lapid wehrt sich gegen den Vorwurf wegen Apartheid. - POOL/AFP/Archiv

Lapid kritisierte auch, dass Amnesty weder Syrien noch den Iran oder «mörderische Regime» in Lateinamerika und Afrika als Apartheid-Staaten bezeichne. Der israelische Staat hingegen sei offen für Überprüfung und verfüge über eine freie Presse sowie einen starken obersten Gerichtshof.

Deutsche Sektion hält sich aus Diskussion über Apartheid raus

Josef Schuster, der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, bezeichnete die Veröffentlichung als «fahrlässig». Der Bericht schüre einen ohnehin verbreiteten israelbezogenen Antisemitismus in Europa. Die deutsche Amnesty-Sektion müsse «sich von dem antisemitischen Bericht distanzieren».

Auf deren Webseite hiess es, die deutsche Amnesty-Sektion habe eine besondere Verantwortung, weil Antisemitismus zurzeit einen beunruhigenden Höchststand erlebe. «Im nationalen, aktuellen wie historischen Kontext ist eine objektive, sachbezogene Debatte zu der vom Bericht vorgenommenen Einordnung nur schwer möglich. Um der Gefahr der Missinterpretationen des Berichts entgegenzuwirken, führt die deutsche Amnesty-Sektion zu diesem Bericht keine Aktivitäten durch.»

«System der Unterdrückung und Herrschaft»

Amnesty stellt im Bericht dar, wie Israel aus ihrer Sicht gegenüber den Palästinensern ein «System der Unterdrückung und Herrschaft» ausübe. Dieses System dominiert sowohl in Israel selbst als auch in den Palästinensergebieten und anderen Ländern. Dazu gehörten die Beschlagnahmung von palästinensischem Grund und Boden, unrechtmässige Tötungen sowie drastische Bewegungseinschränkungen. Die Organisation wurde 1977 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet.

Die Amnesty-Zentrale rief den Internationalen Strafgerichtshof auf, den Tatbestand der Apartheid bei Ermittlungen zu berücksichtigen. Ausserdem forderte sie den UN-Sicherheitsrat auf, ein Waffenembargo gegen Israel sowie Sanktionen zu verhängen. Apartheid ist ein international definiertes Verbrechen gegen die Menschlichkeit.

Ad
Ad

Mehr zum Thema:

FriedensnobelpreisStaatAmnesty International