Staatsanwalt in Pakistan legt Einspruch gegen Freilassungen im Mordfall Pearl ein
Einen Tag nach dem umstrittenen Gerichtsurteil in Pakistan zugunsten des Hauptverdächtigen im Mordfall des US-Journalisten Daniel Pearl hat die Staatsanwaltschaft Einspruch eingelegt.

Das Wichtigste in Kürze
- Weisses Haus «empört» über Urteil in Fall von ermordetem US-Reporter.
Der Generalstaatsanwalt der pakistanischen Provinz Sindh, Fiaz Shah, sagte am Freitag, er habe einen Widerruf der Freilassung des Verdächtigen Ahmed Omar Saeed Sheikh beantragt. Washington hatte das Urteil des Obersten Gerichts in Islamabad zuvor als «Affront für Terrorismusopfer» weltweit bezeichnet.
Pakistans Oberstes Gericht hatte am Donnerstag Berufungen der Staatsanwaltschaft gegen die bei einer untergeordneten Instanz ergangenen Freisprüche von Sheikh und drei anderen Verdächtigen im Fall Pearl zurückgewiesen. Das untergeordnete Gericht hatte im April 2020 ein Todesurteil gegen Sheikh sowie Haftstrafen gegen die drei Mitangeklagten aufgehoben. Das Oberste Gericht ordnete daraufhin am Donnerstag an, alle vier Männer aus der Haft zu entlassen.
Staatsanwalt Shah sagte der Nachrichtenagentur AFP, er habe im Namen der Provinzregierung von Sindh bei dem Gericht einen Antrag auf «Überprüfung» des Urteils eingebracht, um «einen Widerruf der Anordnung auf Freilassung zu erbitten». Sheikh sitzt in einem Gefängnis in der Hauptstadt von Sindh, Karachi, ein. Laut einem Vertreter des Gefängnisses ging bei der Anstalt bisher keine formale Anweisung zur Freilassung des 47-Jährigen ein. «Sobald wir die Anordnung offiziell erhalten, werden wir sie befolgen», sagte er.
Die neue US-Regierung von Präsident Joe Biden hatte sich nach der Urteilsverkündung am Donnerstag empört gezeigt. Bidens Sprecherin Jen Psaki forderte die pakistanische Regierung auf, ihre «juristischen Optionen» in dem Fall «prompt» zu prüfen - einschliesslich einer möglichen Strafverfolgung Sheikhs «wegen der brutalen Ermordung eines US-Bürgers und -Journalisten» durch die US-Behörden.
Scharfe Kritik an dem Urteil hatte auch Reporter ohne Grenzen geübt. Es sei ein «Symbol für die absolute Straffreiheit rund um gewaltsame Straftaten gegen Journalisten» in Pakistan, erklärte die Organisation. Pearls Familie bezeichnete die Gerichtsentscheidung als «Farce» und «Ungerechtigkeit». Die Freilassung von Sheikh und den drei anderen Männern bringe Journalisten weltweit und die Bevölkerung Pakistans «in Gefahr».
Pearl, der 38-jährige Südasien-Bürochef des «Wall Street Journal», war Anfang 2002 während einer Recherche zu radikalen Islamisten in Pakistan verschleppt und später ermordet worden. Sheikh wurde im selben Jahr verhaftet und von einem Antiterrorgericht zum Tode verurteilt, während die drei Mitangeklagten lebenslange Haftstrafen erhielten.
2011 wurden Zweifel an der Schuld Sheikhs laut. In einem Bericht des Pearl-Projekts an der Georgetown-Universität in Washington hiess es, die falschen Männer seien für den Mord an dem Journalisten verurteilt worden. Demnach soll der Reporter von Khalid Sheikh Mohammad, dem mutmasslichen Drahtzieher der Anschläge vom 11. September 2001, und nicht von Sheikh ermordet worden sein.