Irland ist die Heimat seines Herzens. Daraus macht Joe Biden keinen Hehl. Bei einem Besuch nimmt er sich viel Zeit für Begegnungen mit Nicht-Politikern und fühlt sich «wie zu Hause» – trotz Dauerregen.
Selfie mit dem US-Präsidenten: Joe Biden während eines Rundgangs durch Dundalk.
Selfie mit dem US-Präsidenten: Joe Biden während eines Rundgangs durch Dundalk. - Niall Carson/PA Wire/dpa
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Das Wichtigste in Kürze

  • Mit einem dreitägigen Besuch in Irland zelebriert US-Präsident Joe Biden seine irische Herkunft.

«Es fühlt sich an wie zu Hause», sagte der 80-Jährige gestern Abend in einem Pub in Dundalk im Nordosten Irlands vor Einwohnern der Stadt. «Es ist gut, wieder hier zu sein.» Heute will Biden in der irischen Hauptstadt Dublin Irlands Präsidenten Michael D. Higgins und Premier Leo Varadkar zu politischen Gesprächen treffen und eine Rede vor dem Parlament halten. Doch einen grossen Teil der Reise wendet er auf für persönliche Begegnungen und eine Spurensuche zu seiner Familiengeschichte.

Diverse Vorfahren des katholischen US-Präsidenten stammen aus verschiedenen Teilen Irlands: seine Ur-, Ur-Ur- und Ur-Ur-Ur-Grosseltern, die Finnegans und die Blewitts. Und noch heute hat er entfernte Verwandte dort, die Kearneys.

Familie Biden im Schlepptau

Einige stammen aus dem County Louth im Nordosten Irlands, wo Dundalk liegt. Gemeinsam mit seinem Sohn Hunter und seiner Schwester Valerie liess sich Biden dort bei seinem Besuch gestern zunächst die Burg Carlingford Castle an der Ostküste zeigen. Ganz in der Nähe hatten die Finnegans Mitte des 19. Jahrhunderts Abschied von ihrer alten Heimat genommen. Die Burg sei vermutlich eines der letzten Dinge gewesen, das die Familie gesehen habe, als sie nach Amerika aufbrach, sagte Biden. Eine seiner Enkelinnen heisst mit Vornamen Finnegan.

Er verstehe zwar schon, warum seine Vorfahren das Land verlassen hätten inmitten der damaligen Hungersnot, sagte der Demokrat an einem improvisierten Pult in dem Pub «Windsor Bar». «Aber wenn man hier ist, fragt man sich, warum jemand überhaupt jemals weggehen wollen würde.»

Nach einem kurzen Besuch in Belfast in Nordirland war der US-Präsident gestern Nachmittag in der Republik Irland angekommen und wurde dort mit einigem Enthusiasmus empfangen. Schaulustige säumten mit irischen und amerikanischen Fähnchen die Strassen. Einwohner der Orte, die Biden besuchte, hatten gebacken, dekoriert, ihre Läden auf Vordermann gebracht – alles in der Hoffnung auf einen kurzen Stopp des Präsidenten und einen Plausch mit ihm.

Präsident mit Baseball-Kappe

In der kleinen Stadt Dundalk, die ungefähr in der Mitte zwischen Belfast und Dublin liegt, machte Biden tatsächlichen eine längere Visite und schlenderte mit seiner Entourage durch die Innenstadt. Er gab sich dabei nahbar, schüttelte Hände, machte Selfies. In einem Imbiss plauderte und scherzte er mit Mitarbeitern, danach dann der Abstecher in den Pub. Draussen trug Biden eine blaue Baseball-Kappe, auch um sich vor dem Dauerregen zu schützen. Doch selbst der störte ihn nicht: «Das ist in Ordnung», sagte Biden. «Das ist Irland.»

Er ist nicht der erste US-Präsident mit irischen Wurzeln. Der berühmteste war wohl John F. Kennedy. Auch Bidens Vorvorgänger Barack Obama hat teilweise irische Vorfahren. Insgesamt stammten etwa die Hälfte aller US-Präsidenten teilweise von irischen Einwanderern ab – und im Übrigen auch ungefähr zehn Prozent der US-Bürger. Doch kaum ein Amtsinhaber im Weissen Haus zuvor hat seine Verbindungen zur Grünen Insel so zelebriert wie Biden. Der Demokrat verweist oft auf seine irische Herkunft und zitiert regelmässig irische Dichter.

Hoffnung als Bindeglied

Ein bisschen poetisch wurde er auch in dem holzvertäfelten Pub mit Guinness- und Whiskey-Schildern an den Wänden: «Die Iren sind, meiner Meinung nach, das einzige Volk in der Welt, das tatsächlich mit Nostalgie in die Zukunft blickt», sagte Biden da. «Hoffnung ist das, was im Herzen aller Menschen schlägt – besonders im Herzen der Iren.» Auch die USA seien auf Hoffnung aufgebaut. Das verbinde beide Länder.

Einmal mehr erzählte Biden eine Anekdote, die er schon 2016, damals als Vize-Präsident bei einem sechstägigen Besuch in Irland, so ähnlich zum Besten gegeben hatte: Etwa zur gleichen Zeit als sein Ur-Ur-Grossvater Finnegan, ein Schuhmacher, von Irland aus Richtung Amerika aufgebrochen sei, habe sich auch ein anderer Schuhmacher auf den Weg dorthin begeben, erzählte Biden. «Sie liessen alles zurück, aber sie hatten Zuversicht.» Vor beiden Männern habe eine ungewisse Zukunft gelegen. Doch bei all ihren Träumen glaube er nicht, dass sie sich hätten ausmalen können, «dass 175 Jahre später ihre beiden Ur-Ur-Enkel Präsidenten der Vereinigten Staaten sein würden: Barack Obama und Joe Biden».

Für Biden ist der gefühlige Trip auch eine Abwechslung von allerlei nationalen und internationalen Problemen. Neben den politischen Terminen heute in Dublin wollte er dort auch eine Sportveranstaltung besuchen. Morgen plant er dann einen Abstecher ins County Mayo im Nordwesten Irlands, von wo ebenfalls Vorfahren von ihm stammen. Biden warnte schon in Dundalk vor, es werde nicht sein letzter Besuch sein. «Die schlechte Nachricht für Sie ist: Wir werden wiederkommen. Es wird nicht möglich sein, uns fernzuhalten.»

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