Mit an Bord des «Solar Orbiter» ist ein an der FHNW entwickeltes Röntgenteleskop. Die Mission ist am frühen Montagmorgen erfolgreich gestartet.
Die Raumsonde «Solar Orbiter» wird die Sonne noch enger umkreisen als der Merkur, der innerste Planet unseres Sonnensystems. (Illustration)
Die Raumsonde «Solar Orbiter» wird die Sonne noch enger umkreisen als der Merkur, der innerste Planet unseres Sonnensystems. (Illustration) - sda - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Ein in der Schweiz entwickeltes Röntgenteleskop ist auf dem Weg zur Sonne.
  • Der «Solar Orbiter» ist heute kurz nach 5 Uhr gestrartet.

Zum ersten Mal soll eine Raumsonde die bislang unbekannten Polregionen der Sonne beobachten. Mit an Bord des «Solar Orbiter» ist auch ein an der FHNW entwickeltes Röntgenteleskop. Die Mission ist am frühen Montagmorgen erfolgreich gestartet.

Der «Solar Orbiter» hob an Bord einer «Atlas V»-Rakete kurz nach 5 Uhr (MEZ) von Cape Canaveral ab.

Ziel der auf sieben Jahre angelegten Mission ist es, Sonneneruptionen, das davon bestimmte Weltraumwetter und die Auswirkungen auf die Erde besser zu verstehen. Auch die bisher kaum erforschten Polarregionen der Sonne stehen im Fokus.

Esa federführend

Mithilfe der Anziehungskräfte von Erde und Venus soll sich der «Solar Orbiter» aus der Ekliptikebene herausschwingen, auf der mehr oder weniger alle Planeten um unser Zentralgestirn kreisen, und die Sonne aus einer neuen Perspektive betrachten: von oben und von unten. Die Mission steht unter der Federführung der europäischen Raumfahrtagentur Esa, mit starker Beteiligung des US-amerikanischen Pendants Nasa.

Die Nasa erforscht derzeit mit ihrer «Parker Solar Probe» die Sonne aus bisher unerreichter Nähe. Das bedeutet jedoch auch Einschränkungen: Die Nasa-Sonde kann keine Kameras direkt auf unser Zentralgestirn richten, wie Mark McCaughrean, Leitender Berater für Wissenschaft und Erforschung bei der Esa, im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA erklärte. «Solar Orbiter» komme der Sonne nicht ganz so nah, könne dafür aber Kameras auf sie richten. Und habe ein breiteres Spektrum an Instrumenten an Bord.

Zehn Instrumente

Zehn Instrumente trägt der «Solar Orbiter» bis auf etwa 45 Millionen Kilometer an die Sonne heran. Das ist rund ein Viertel der Sonne-Erden-Distanz und näher als der sonnennächste Planet Merkur um unser Zentralgestirn kreist.

Mit dabei ist auch das Röntgenteleskop STIX, das von Forschenden um Säm Krucker von der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW) entwickelt wurde. STIX steht für Spectrometer Telescope for Imaging X-rays und soll Spektren und Röntgenbilder aufnehmen.

Im Fokus steht dabei die Frage, wie sich bei Sonneneruptionen grosse Mengen geladener Teilchen auf sehr hohe Geschwindigkeiten beschleunigen und im Weltraum ausbreiten, sagte Krucker gegenüber Keystone-SDA. Der Sonnenwind - der stetige Strom geladener Teilchen, den die Sonne ins All entlässt - wird in solchen Fällen zu einem Sonnensturm. Das kann sich einerseits in ausgeprägten Polarlichtern äussern, andererseits können solche Sonnenstürme auch Störungen an Satelliten, Flugzeugen oder auch Stromnetzen bewirken, wie die FHNW in einer Mitteilung festhielt.

Magnetfelder beobachten

Forschende beobachten das Magnetfeld der Sonne genau, um das Weltraumwetter vorherzusagen. Weil jedoch der Blick auf die Polregionen bisher fehlte, bestehen Lücken in den Vorhersage-Modellen. Die Daten des Solar Orbiter sollen diese Lücken schliessen helfen. «Wir wissen nicht, wie Nord- und Südpol der Sonne aussehen», so McCaughrean. Die Pole von Jupiter und Saturn seien sehr seltsam, vielleicht sei dies auch bei der Sonne der Fall.

Hinter der 1,5 Milliarden Euro-Mission steckt aber auch die Suche nach Antworten auf eines der grossen Rätsel der Sonnenphysik: Die Oberfläche der Sonne ist nur etwa 6000 Grad heiss, die Sonnenatmosphäre hingegen weist mehrere Millionen Grad auf.

Dieses paradox erscheinende Phänomen geht darauf zurück, dass die Sonne ein Dynamo ist und ein Magnetfeld erzeugt, wie Krucker gegenüber Keystone-SDA erklärte. «Wenn magnetische Energie in kinetische Energie umgewandelt wird, kann man heizen.» Noch sei allerdings unklar, wie diese Umwandlung geschehe. Hierzu soll STIX gemeinsam mit den anderen Instrumenten wertvolle Daten liefern, darunter ein Magnetometer, Teilchendetektoren, eine Extrem-Ultraviolett-Kamera und weitere Bildgebungsinstrumente.

Bis dahin muss die Sonde jedoch noch einen weiten Weg zurücklegen: Knapp zwei Jahre braucht «Solar Orbiter» für den Flug inklusive Swing-By-Manövern, um den geplanten Orbit um die Sonne zu erreichen. Unterwegs sollen die Instrumente jedoch bereits aktiv sein und Tests durchlaufen. Voraussichtlich im November 2021 sollen die wissenschaftlichen Messungen beginnen.

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