Stephan Roemer vom Reiseanbieter «tourasia» ist überzeugt, dass die chinesischen Touristen wieder kommen, sobald sich die Covid-Situation beruhigt hat.
Foto China Tourismus
Chinesische Touristen dürften bald wieder überall auf der Welt anzutreffen sein. - Unsplash
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Das Wichtigste in Kürze

  • Asienkenner Stephan Roemer, Chef von tourasia, war mit zahllosen Krisen konfrontiert.
  • Er ist trotz der verwirrenden chinesischen Covid-Strategie verhalten optimistisch.
  • Im Interview gibt er Einschätzungen zum Tourismus aus China.

Herr Roemer, Wie schätzen Sie die generelle Lage in China aufgrund der neuen Covid-Situation ein?

Stephan Roemer: Wir sind in sehr regelmässigem Kontakt mit unseren Leuten in China. Punkto Fallzahlen oder Bewältigung der Omikron-Welle wissen unsere Partner allerdings auch nicht mehr als das, was wir der westlichen Presse entnehmen.

Die neue Strategie der chinesischen Regierung weg von «Null-Covid» hat eine massive Covid-Welle bewirkt. Es gibt Berichte von überfüllten und überforderten Spitälern und sehr vielen Todesfällen. Hat das einen neuen negativen Effekt auf den chinesischen Outgoing-Tourismus, der zuvor jahrelang nicht existent war?

Stephan Roemer: China hat seine Grenzen bekanntlich im Februar 2020 geschlossen. Die Menschen konnten aufgrund der behördlichen Massnahmen drei Jahre nicht mehr ins Ausland.

Jetzt spüren wir ein sehr starkes Bedürfnis in der chinesischen Bevölkerung, wieder international zu reisen.

Vor allem in Asien spielen chinesische Touristen eine wirtschaftlich sehr wichtige Rolle. Sie sind mit Diethelm Travel in mehr als einem Dutzend asiatischen Ländern als touristischer Dienstleister tätig. Spüren sie eine steigende Nachfrage aus China?

Stephan Roemer: Wir erkennen im Inbound-Geschäft in unseren asiatischen Destinationen tatsächlich eine stark steigende Nachfrage aus China und rechnen mit einem grossen Gästeaufkommen schon in den nächsten Tagen.

Zum Frühlingsfest, das am 21. Januar beginnt, registrieren wir eine grosse Anzahl Anfragen.

Stephan Roemer tourasia
Der Touristiker Stephan Roemer gilt als grosser Asienkenner. - zVg

Unter anderen haben die USA, Japan und Deutschland die Testpflicht für Reisende aus China wieder eingeführt. Die Schweiz will auf diese Massnahme verzichten. Japan meldet, dass sieben Prozent aller aus China Einreisenden positiv getestet worden sind. Wird das Ihrer Meinung nach erneut Auswirkungen auf die Zahl der chinesischen Gäste in Europa haben?

Stephan Roemer: Ich habe Verständnis für die skeptische Haltung gewisser Länder gegenüber China. Das Hickhack bei den Massnahmen in China – welche notabene lange von der WHO gelobt wurden – hat für Verunsicherung gesorgt.

Dass die chinesischen Impfstoffe und das behördliche Vorgehen praktisch nutzlos waren, wissen wir nun nachträglich. Verständlicherweise wollen sich andere Länder schützen und nicht nochmals in eine Pandemie rutschen.

Was halten Sie als Reisefachmann generell von der Zertifikatspflicht? Hat sich diese international bewährt?

Stephan Roemer: Impfzertifikate erachte ich als möglichen Weg, die Pandemie einzudämmen. Es gab auch früher Zeiten, in denen Reisende Impfbestätigungen vorweisen mussten.

Ich erinnere mich an die 80er-Jahre, als gewisse Länder einen Nachweis für die Pockenimpfung verlangten. Oder heute noch einige Länder für die Gelbfieberimpfung.

Viele Länder verlangten von den Gästen auch einen aktuellen PCR-Tests. Was halten Sie davon?

Stephan Roemer: Die PCR-Tests habe ich immer als nutzlose Geldmacherei erachtet, vor allem, wenn zusätzlich weitere Tests nach der Ankunft verlangt werden.

Tourasia hat seit drei Jahren praktisch keine China-Reisen mehr verkauft. Wir gross war der Rückgang?

Stephan Roemer: China hat sich komplett verschlossen. Es gab nur ganz wenige Ausnahmen, welche eine Einreise nach China zuliessen.

Die Bedingungen dafür waren zudem abschreckend. Der Rückgang im Inbound- und Outbound-Geschäft war ab 1. Februar 2020 einhundert Prozent.

Wir wickelten nur zwei oder drei Reisen nach China ab von Leuten mit einer Sonderbewilligung.

Chinesische Mauer Tourismus
China konnte in den letzten drei Jahren kaum bereist werden. - Unsplash

China wäre eine attraktive, vielfältige Destination. Wird die neue Covid-Situation die Lust der Schweizer, nach China zu reisen, erneut dämpfen?

Stephan Roemer: Es braucht Zeit, das haben wir bei allen Ländern gesehen. Wenn sich die Situation normalisiert, kommen auch die Touristen wieder. In den anderen Ländern war die Verzögerung seit der Öffnung und der Normalisierung etwa drei Monate.

Wenn wir Thailand als Vergleich nehmen, wurden die letzten Hindernisse für Reisende an den Grenzen im Juli beseitigt.

Schon im Herbst stellten sich die grösseren Volumina wieder ein. Und seit November 2022 sind die Buchungszahlen bei tourasia etwa mit jenen von 2019 vergleichbar.

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