WM 2018: Wie verdient ist der Goldene Schuh für Harry Kane?

Der Torschützenkönig der diesjährigen Weltmeisterschaft heisst mit grosser Wahrscheinlichkeit Harry Kane. Der Engländer liegt mit 6 Toren an der Spitze der Torschützenliste. Wenn im Final zwischen Kroatien und Frankreich nicht etwas Dramatisches passiert, hat er den Goldenen Schuh auf sicher. Im Internet entwickelt sich derzeit eine Diskussion: ist Harry Kanes Leistung die schwächste, die je zur Torjäger-Trophäe geführt hat?

Wie ein User auf Reddit anmerkt, waren drei der sechs Tore Kanes Penaltys. Sein drittes Tor gegen Panama war ein Glückstreffer: Kane lenkte einen Schuss mit der Hacke unabsichtlich ins Tor ab. Keines seiner Tore entstand aus dem Spiel heraus. Das 1:0 gegen Tunesien: ein Abstaubergoal nach einem Eckball. Das 2:0 ebenfalls nach einem Eckball. Zudem schoss er fünf seiner sechs Tore gegen deutlich schwächere Teams: drei Tore gegen Panama, zwei Tore gegen Tunesien. In den Matches gegen Schweden, Kroatien und Belgien blieb er ohne Torerfolg. Besonders im Spiel um Platz 3 war Kane quasi nicht präsent. Assists gab er während des gesamten Turniers keine.

Wäre John Stones der designierte Penalty-Schütze Englands, wäre er mit grosser Wahrscheinlichkeit jetzt erster Anwärter auf den Goldenen Schuh, denn Stones schoss bisher zwei Tore. Mit drei verwerteten Penaltys hätte er fünf Treffer. Wurde Harry Kane der Titel des Toptorschützen auf dem Silbertablett serviert?

Jein. Natürlich machten ihm die drei Penaltys die Sache nicht einfacher. Doch hier liegt genau der Knackpunkt: erstens, die drei Penaltys muss man auch erstmal verwerten. Zweitens pulverisierte diese WM den bisherigen Penaltyrekord. Insgesamt 28 Penaltys wurden gepfiffen (zuvor lag der Rekord bei 18). Da ist es nur logisch, dass der Torschützenkönig mehr Penaltys auf dem Konto hat als in früheren Turnieren. Das Argument, dass Kane seine Tore gegen schwache Teams schoss, ist auch nicht besonders überzeugend.

Das tat nämlich James Rodriguez, der Torschützenkönig von 2014, ebenfalls. James schoss zwar zwei Tore gegen Uruguay, doch der Kolumbianer profitierte stark davon, dass sein Team in einer schwachen Gruppe mit Griechenland, Japan und der Elfenbeinküste gelandet war.

Übrigens: Theoretisch könnten Kylian Mbappé und Antoine Griezmann dem Tottenham-Superstar die Trophäe noch abjagen. Mbappé braucht dazu im Final vier Tore oder drei Tore und einen Assist. Griezmann braucht drei Tore, da er bereits mehr Assists hat als Kane. Eben, theoretisch.