Coronavirus-Aktivitäten sinken auf tiefes Niveau trotz Lockerungen

Die neusten Corona-Lockerungsschritte haben sich nicht negativ ausgewirkt. Die Inzidenzrate ist in den letzten 14 Tagen auf 60 pro 100'000 Einwohner gesunken.

Das Bundesamt für Gesundheit fordert die Bevölkerung in der Corona-Pandemie mit Plakaten wie hier auf dem Bundesplatz in Bern dazu auf, trotz Lockerungsmassnahmen weiterhin achtsam zu sein. - sda - KEYSTONE/PETER KLAUNZER

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Schweiz lebt seit zwei Wochen mit diversen Lockerungen.
  • Auf die Aktivität des Coronavirus haben sich diese bisher nicht ausgewirkt.
  • Die Inzidenzrate ist gesunken, die Hospitalisationen sind rückläufig.

Die neusten Corona-Lockerungsschritte haben sich nicht negativ ausgewirkt. Die Inzidenzrate ist in den letzten zwei Wochen auf 60 pro 100'000 Einwohner gesunken. Die Hospitalisationen sind stark rückläufig. Zudem sind die neuen Virus-Varianten in der Schweiz bisher relativ gering verbreitet.

Nur noch 88 Covid-19-Patientinnen und -Patienten lägen derzeit auf einer Intensivstation, das entspreche zehn Prozent der Intensivbetten, sagte Virginie Masserey, Leiterin der Sektion Infektionskontrolle im Bundesamt für Gesundheit (BAG), am Dienstag vor den Medien in Bern.

Impfung günstiger als flächendeckende Massnahmen

«Wir alle wünschen uns einen schönen Sommer und einen stabilen Herbst. Und die Zeichen dafür stehen gut», sagte Rudolf Hauri, Zuger Kantonsarzt und Präsident der Vereinigung der Kantonsärztinnen und Kantonsärzte.

Die Aktivität des Coronavirus sei auf ein «recht tiefes Niveau» gefallen. Die neusten Lockerungen hätten sich bislang nicht als nachteilig erwiesen. Es könne aber nach wie vor zu lokalen Ausbrüchen kommen, namentlich bei Personen, die nicht geimpft seien.

Rudolf Hauri sieht im Föderalismus auch eine Chance. - Keystone

Die Schweiz befinde sich derzeit sowohl aus epidemiologischer als auch wirtschaftlicher Perspektive in einer guten Lage, sagte auch Jan-Egbert Sturm, Vizepräsident der wissenschaftlichen Covid-Taskforce und Direktor der Konjunkturforschungsstelle an der ETH Zürich. Er mahnte gleichzeitig, präventive Massnahmen – insbesondere Impfungen – seien günstiger als flächendeckende Massnahmen.

Nach BAG-Angaben impft die Schweiz schneller als andere Länder. 2,3 Millionen Menschen, also 27 Prozent der Bevölkerung, seien vollständig geimpft, sagte Masserey. Rund 44 Prozent hätten bisher eine Erstimpfung erhalten. 80 Prozent der gefährdeten Personen seien geimpft, das sei mehr als die erhofften 75 Prozent.

Hauri betonte, die Nachfrage sei insgesamt gut, trotz Wartelisten. Schranken, die wegen des knappen Impfstoffs galten, könnten nun grösstenteils aufgehoben werden. Zudem könnten überschüssige Dosen nun am Abend spontan abgegeben werden.

Weitere Lockerungen tragbar

Es gebe zwar immer wieder Personen, die ihre Termine nicht wahrnehmen würden. Die Gründe sind gemäss Hauri nicht Impfmüdigkeit, sondern etwa Vergessen, Ferien, berufliche Verpflichtungen oder akute Erkrankungen.

Auch die aufwendigen, seriellen Reihentests zeigten Erfolge. Sie hätten praktisch zum Verschwinden der Kontaktquarantäne geführt und die lokale Aufhebung der Maskenpflicht etwa an Schulen ermöglicht, ohne dass es zu Ausbrüchen gekommen sei.

Schülerinnen und Schüler mit Maske im Unterricht. - Keystone

Durch diese Entwicklungen seien weitere Lockerungen etwa bei der Maskenpflicht oder beim Abstandhalten tragbar. Abstandhalten bei Geimpften sei nicht mehr so wichtig, bei nicht Geimpften jedoch schon, sagte Hauri. Hygieneregeln und Vorsicht bei möglichen Massnahmen seien weiterhin angebracht.

Die Eidgenössische Impfkommission (Ekif) ist inzwischen zum Schluss gekommen, dass die Schutzdauer der Corona-Impfung wahrscheinlich bis zu zwölf Monate anhält, wie Masserey erklärte. Demnach schütze die Impfung zwölf statt sechs Monate vor einer Ansteckung und noch länger vor schwere Verläufen. In den nächsten Wochen sollen die entsprechende Verordnungen angepasst werden. Auch andere Länder gingen inzwischen von zwölf Monaten aus.

Delta-Variante noch nicht auf Vormarsch

In der Schweiz fällt die Delta-Variante des Coronavirus, die sich in anderen Ländern, etwa Grossbritannien, stark verbreitet, noch nicht speziell auf. Aber etwas, das man nicht sehe, könne sich schnell verbreiten – insbesondere bei Ungeimpften, sagte Hauri.

Die Behörden würden beobachten, was mit der Delta-Variante passiere, sagte Masserey. Man setze darauf, die Verbreitung des Virus in der Schweiz möglichst zu verzögern. Die starke Verbreitung der Delta-Variante in Grossbritannien könnte laut Masserey damit zusammenhängen, dass es in Grossbritannien einen grösseren Austausch innerhalb der Bevölkerung mit Indien gibt. Eine Rolle spielen dürfte zudem die geringere Wirksamkeit des Impfstoffs von Astrazeneca.

Auf den Briefkasten sollen Geimpfte zur Kennzeichnung ein Pflaster kleben – so steht es in einem Brief vom «BAG». - keystone

Sturm betonte, nach zwei Impfungen sei der Schutz gegen die Delta-Variante sehr hoch. Würde sich die Variante auch in der Schweiz verbreiten und weitere Lockerungen unmöglich werden, wäre das ein Rückschlag für die Wirtschaft.

In der Schweiz und in Liechtenstein sind BAG am Dienstag innerhalb von 24 Stunden 243 neue Coronavirus-Ansteckungen gemeldet worden. Gleichzeitig registrierte das BAG 14 Spitaleintritte und zwei neue Tote.