Gleiche Chancen, gleicher Lohn, gleicher Umgang – dafür kämpfen auch die Frauen Hollywoods. Erreicht haben sie bisher leere Worte und schönen Schein.
Ein wenig Frauenpower an den Oscars: Frances McDormand ist beste Hauptdarstellerin.
Ein wenig Frauenpower an den Oscars: Frances McDormand ist beste Hauptdarstellerin. - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Mit #metoo und «Time’s Up» machen Frauen in Hollywood auf Lohnungleichheit und sexuelle Belästigung aufmerksam.
  • Der Anteil an Frauen in den Listen der Nominierten liegt allerdings noch immer bei 23 Prozent.
  • Gewinnerinnen findet man vor allem in den Kategorien, die danach verlangen: Beste Haupt-/Nebendarstellerin.

«Mit bestem Dank zurück», entschied der Ständerat letzte Woche, als die Anpassung des Gleichstellungsgesetzes diskutiert wurde (Nau berichtete). Lohngleichheit? Ja, aber…

Keinen Deut besser präsentiert sich davor die Schweizer Musikszene: Beim Swiss Music Award füllten Männer die Listen der Nominierten. Fast nur da, wo der Preis es ausdrücklich erforderte («Best Female Solo Act»), waren die Frauen vertreten (Nau berichtete).

Glamour ohne Gleichberechtigung

Verstaubt zeigt sich im Kampf um Gleichberechtigung allerdings nicht nur das Stöckli oder die Schweiz per se. Weit entfernt vom fairen Ideal ist auch Hollywood: Schauspieler verdienen mehr als ihre Kolleginnen, Produzenten missbrauchen ihre Macht – und die eine oder andere Schauspielerin.

Doch eine neue Generation erhebt sich. Prangert mit #metoo sexuellen Missbrauch und einseitige Machtverhältnisse an. Entthront medienwirksam Filmproduzent Weinstein. Findet sich zur Bewegung «Time’s Up» zusammen und bietet auch Frauen ausserhalb der Filmindustrie Rechtshilfe bei sexuellen Übergriffen oder Ungleichheit am Arbeitsplatz.

Doch was bringt es, sich Pins mit der «Time’s Up»-Aufschrift anzustecken und an den Golden Globes oder den Bafta-Awards schwarz zu tragen? Genau dafür hätten die gestrigen Oscars ein Gradmesser werden können. Stattdessen wurde die Rebellion gezähmt und in den durchgetakteten Ablauf eingebunden.

Der schöne Schein

Die Initiantinnen der «Time’s Up» Bewegung bekamen einen auf die Minute genau eingeplanten Moment auf der Bühne, Casey Affleck, der seit 2010 immer wieder der sexuellen Belästigung angeklagt wird, blieb der Show fern und die eine oder andere Frau griff bei ihrer Rede das Thema auf.

Oscar-Gewinnerin Frances McDormand (Nau berichtete) bat die nominierten Frauen aller Kategorien, aufzustehen. Dann forderte sie den restlichen Saal auf: «Schaut euch um. Wir alle haben Geschichten zu erzählen. Wir alle haben Projekte, die finanziert werden müssen.»

Dann erinnerte sie die Kollegen daran, den «Inclusion Rider» – eine Vertragsklausel, die es Mitarbeitern erlaubt, aus einem Filmprojekt legal auszusteigen, wenn die Crew nicht genügend durchmischt ist – zu benützen.

Ehrliche Zahlen

Das klingt ganz fabelhaft. Doch ein Blick auf die nackten Zahlen bringt Ernüchterung.

Von den 199 Nominierten (die reinen Frauen- und Männerkategorien ausgeschlossen) waren 46 Frauen. Das ist ein Anteil von 23 Prozent. Der Frauenanteil in der gesamten US-Bevölkerung liegt bei 51 Prozent. Doch während die Filmschulen etwa gleich viele weibliche, wie männliche Abgänger haben, wird die Filmindustrie von Männern dominiert. Sie besetzen knapp 80 Prozent der Jobs.

Das schlägt sich auch in den Auszeichnungen nieder. Von den 24 vergebenen Oscars gehen zwei an Frauen: Beste Hauptdarstellerin und beste Nebendarstellerin. Drei weitere Goldmänner teilen sich je eine Frau mit einem oder mehreren Männern.

Allison Janney gewann als beste Nebendarstellerin in «I, Tonya».
Allison Janney gewann als beste Nebendarstellerin in «I, Tonya». - Keystone

Dem Mann den Vorzug

Immerhin, man staune, wurde im Jahre 2018 erstmals in der Geschichte der Academy Awards eine Frau in der Kategorie «Beste Kameraführung» nominiert. Gewonnen hat Rachel Morrison für ihre fein observierende Arbeit im Rassismusdrama «Mudbound» dann aber doch nicht.

Trotz Morrisons starker Bildsprache, gewann der Kollege von «Bladerunner 2049». Einem mit vielen Special-Effekten gespickten Science-Fiction Abenteuer.

Hollywood tut also, was es am besten kann – es spielt den schönen Schein herbei.

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