Statt via BAG: Bern liebäugelt mit Zürcher Passagierdaten-System
Die Zürcher Behörden nehmen die Risiko-Passagierdaten in die eigene Hand. Und umgehen damit das BAG. Nur Bern zeigt ebenfalls Interesse am Sammel-System.

Das Wichtigste in Kürze
- Der Kanton Zürich erfasst die Kontaktdaten der Flugreisenden nun selber.
- Zürich prescht vor, da der Bund die Passagierdaten nicht vollständig übermittelt.
- Die meisten Kantone winken bei diesem System ab, abgesehen von Bern.
Wer sich während seinen Sommerferien in einem Risikogebiet aufgehalten hat, muss nach der Rückkehr für 10 Tage in Quarantäne. Da ein Grossteil der Infizierten das Coronavirus aus dem Ausland mitschleppt, ist die Kontrolle dieser Quarantäne umso wichtiger.
Blöd nur, haben die Kantone keinen Zugriff auf die Passagierlisten, und somit keine Übersicht, welche ihrer Bewohner in einem Risikoland waren. Das BAG gibt bisher nur Stichproben heraus, obwohl die Kantone mehrfach um sämtliche Listen drängten.
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Der Kanton Zürich «löst das Problem selbst», wie Sicherheitsdirektor Mario Fehr diese Woche stolz verkündete. Der Kanton will nicht länger auf das BAG warten und holt sich die Passagierdaten selber.
Kantone zeigen sich skeptisch gegenüber System
Ein schlauer Zug, so scheint es. So könne man effizienter und genauer arbeiten, da der Schritt über das BAG eliminiert werde, argumentieren die Zürcher. Werden wohl auch andere Kantone das System übernehmen wollen?
Fehr zeigt sich grosszügig: «Andere Kantone müssten mit den Airlines in Kontakt treten. Dann könnte man über eine Dienstleistung des Kanton Zürichs nachdenken.» Auch die Flughafenpolizei sehe sich dazu bereit.

Der Kanton Aargau lehnt das Angebot jedoch entschieden ab. «Der Kanton Aargau wird vorerst weiterhin die Kontrolle über die vom Bund vorgegebenen Prozesse durchführen», so Maria Gares, Sprecherin des Departements für Gesundheit.
Wenig beeindruckt zeigt sich auch der Kanton Genf, der seit Wochen die meisten Corona-Infektionen zählt. Die Behörden ziehen es vor, «die Kontrolle und Massnahmen auf der Grundlage bestehender Kontakte zu intensivieren».
Dies teilt die Sprecherin des Genfer Gesundheitsamtes Florence Forget auf Anfrage von Nau.ch mit. Daher bestehe kein Interesse, das System von Zürich umzusetzen.
Einzig der Kanton Bern zeigt Interesse, wie der «Blick» schreibt. Erste Kontakte hätten bereits stattgefunden. Wie die Zusammenarbeit genau aussehen wird, werde noch definiert.
Schweizweit wird das Zürich-Modell nicht Fuss fassen
Damit ist Bern aber vorerst der einzige Kanton, der das Angebot von Mario Fehr annimmt. Lukas Engelberger, Präsident der Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektoren GDK, winkt nämlich ab.

«Wir setzen auf die Zusammenarbeit mit dem Bund für die Zustellung der Daten.» BAG-Direktor Pascal Strupler habe dem Vorstand der GDK vergangene Woche zugesichert, dass zusätzliches Personal angestellt werde. «Um die Qualität der Daten, den Stichprobenumfang und die Liefergeschwindigkeit zu erhöhen.»
Für eine Aussage, ob sich dies bereits bemerkbar macht, sei es noch zu früh. «Ich vertraue jedoch darauf, dass das Bundesamt für Gesundheit rasch entsprechende Ressourcen aufbaut», stärkt Engelberger dem BAG den Rücken.