Armand Marchant ist zwar nicht der Sieger von Zagreb, aber der Belgier ist dennoch – und das mit Bestimmtheit – der grosse Gewinner.
Armand Marchant
Armand Marchant beim Slalom in Levi - Keystone
Ad

Das Wichtigste in Kürze

  • Armand Marchant fuhr im Slalom vom Zagreb sensationell auf Platz 5.
  • Der Belgier hatte zuvor mit zahlreichen Verletzungen zu kämpfen.
  • Erst im August 2019, nach 945 Tagen Verletzungspause, kehrte er auf die Rennpiste zurück.

Schon der 20. Rang nach dem 1. Lauf war für den mit Startnummer 40 in den Slalom von Zagreb gestarteten Armand Marchant ein Erfolg.

Aber trotzdem sollte dieses Zwischenresultat und dieser Lauf, den er mit knapp einer halben Sekunde Rückstand auf den 10. Rang beendet hatte, nur der Prolog für etwas gewesen sein, das einen Eintrag in den Ski-Geschichtsbüchern Belgiens finden wird.

Der grandiose zweite Lauf

Denn es folgte der 2. Lauf auf einer von Flutlicht beleuchteten Piste, die allen Athleten beste Voraussetzungen für schnelles Skifahren bot.

Armand Marchant stiess sich Sekunden nachdem Henrik Kristoffersen die Ziellinie überquert hatte im Starthaus ab. Der Norweger, bereits im 1. Lauf für seine Verhältnisse enttäuschend unterwegs, überzeugte nicht und stand in diesem Moment des Rennens nur an der vierten Position.

Armand Marchant
Armand Marchant beim Einsatz im finnischen Levi. - Keystone

Dann, 58,66 Sekunden später, fährt Armand Marchant über die Ziellinie. Es leuchtet grün auf und der Belgier hat den Norweger hinter sich gelassen. «Es standen aber noch 19 Fahrer am Start und ich wusste nicht, was mich erwarten würde. Ich wusste nur, dass ich einen guten Job gemacht habe», beschrieb er später seine Empfindungen.

Das Podest zum Greifen nah

Fahrer wie Daniel Yule, Jean-Baptiste Grange, Alexander Khoroshilov oder Alexis Pinturault blieben mit der Summe der beiden Läufe hinter dem Belgier zurück. Erst Junioren-Weltmeister Alex Vinatzer, der Achte nach dem 1. Lauf und am Ende der zweite Überraschungsmann des Tages konnte Marchant aus der Leaderbox drängen.

«Es waren noch einige gute Skifahrer oben, darum habe ich nicht viel über einen möglichen Podestplatz nachgedacht», sagte der 22-Jährige, der im Slalom von Levi 28. und bei jenem in Val d’Isère 18. geworden war.

Aber auch die grossen Namen sollten nicht an die Laufzeit des Belgiers herankommen. Dank der addierten Laufzeiten aber waren Clément Noël, Ramon Zenhäusern und André Myhrer auch noch besser als Marchant. Der Belgier wurde schlussendlich Fünfter.

Das Comeback von Armand Marchant
Armand Marchant kehrt nach langer Verletzung wieder in den Weltcup zurück. - Keystone

Nur ein Belgier ist bisher bei einem Weltcup-Rennen auch so weit nach vorne gefahren. Am 1. Februar 1981 war es Henri Mollin, der bei der Kombination von St. Anton diese Klassierung – und damit auch gleich den letzten Platz im Rennen – erreicht hatte.

Zum Ende des Rennens war der Nicht-Podestplatz halt doch ein Thema und Armand Marchant bewegte sich gefühlsmässig irgendwo zwischen leichtem Hadern und grosser Zufriedenheit. «Ich habe das Podest um 20 Hundertstelsekunden verpasst. Wäre ich im ersten Lauf besser gefahren, dann hätte ich es geschafft. Aber ich darf nicht zu gierig sein».

Ein langer Weg zurück

Diese letzte Aussage hat einen Hintergrund und bezieht sich auf eine Zeit, die am 7. Januar 2017 ihren Anfang genommen hatte. Marchant stürzte am Chuenisbärgli und riss sich im linken Knie die Bänder, zerstörte sich die Menisken und brach auch noch die Kniescheibe und den Schienbeinkopf.

Es folgten insgesamt sieben Operationen, unzählige Stunden bei Ärzten, Physiotherapeuten, viel Aufbautraining und Reha. Und immer wieder gab es auch Rückschläge zu verkraften.

Armand Marchant
Armand Marchant vor seiner Verletzung. - Keystone

«Vor jeder neuen Operation hat es Momente des Zweifels gegeben», sagte Marchant. «Es war eine schwierige Zeit. Aber ich hatte immer das Ziel vor Augen, wieder gesund zu werden und Rennen fahren zu können.»

Mit einem Crowdfunding-Projekt versuchte Marchant einen Betrag von 12´500 Euro zusammenzutragen der helfen sollte, den Weg zurück zu finanzieren. Der Belgier durfte sich über grosse Solidarität freuen, denn der Betrag war ihm lange vor Ablauf des Projektes zugesagt und am Ende standen ihm 18’630 Euro zur Verfügung.

Comeback nach 945 Tagen

Am 10. August 2019, im Rahmen der nationalen Meisterschaften Neuseelands, war es dann soweit: nach 945 Tagen – umgerechnet 2 Jahren und 7 Monaten – kehrte Armand Marchant auf die Rennpisten zurück.

Der Belgier, der sich vorerst auf Slalom und Riesenslalom konzentrieren, später aber auch wieder in den Speed-Bereich eintauchen will, bestritt in Coronet Peak (Neuseeland) endlich wieder ein Skirennen, einen Riesenslalom. «Was ich jetzt erleben darf, ist alles Gold dieser Welt wert», sagte Marchant damals zu seinem Comeback.

Das, was am 5. Januar 2020 eingetroffen ist, also der 5. Platz in Zagreb, dürfte in der Wertigkeit des Moments nicht weit hinter dem 10. August 2019 zurückliegen.

Ad
Ad

Mehr zum Thema:

Henrik KristoffersenSlalomEuroRiesenslalomAlexis PinturaultDaniel Yule