Die Kansas City Chiefs sind NFL-Champion. Wieso sie zu den Besten aller Zeiten gehören und was den San Francisco 49ers zum Verhängnis wurde.
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Die Kansas City Chiefs um Star-Quarterback Patrick Mahomes gewinnen den Super Bowl erneut. - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Kansas City schlägt San Francisco und feiert den dritten Super-Bowl-Titel in fünf Jahren.
  • Der historische Erfolg zementiert die Mahomes geführten Chiefs endgültig als Dynastie.
  • Die 49ers verpassen eine einmalige Gelegenheit.
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Um 4:47 Uhr Schweizer Zeit gewinnen die Kansas City Chiefs den vierten Super Bowl der Vereinsgeschichte. Über vier Stunden lang liefern sich die San Francisco 49ers und die Kansas City Chiefs einen Schlagabtausch der Extraklasse. Erst zum zweiten Mal in der Geschichte geht ein Super Bowl in die Verlängerung. Und doch hat das Ende des längsten NFL-Finals aller Zeiten ein Hauch von Déjà-vu, als er in einem spielentscheidenden Touchdown-Drive von Patrick Mahomes kulminiert.

Die 49ers waren über weite Strecken das bessere Team. Dennoch sind es am Ende einmal mehr Mahomes, Kelce und Reid, welche die Vince-Lombardi-Trophäe in die Höhe stemmen. Der dritte Super Bowl in fünf Jahren zementiert die Chiefs-Dynastie in den NFL-Geschichtsbüchern. Wer bis um dreizehn vor fünf durchgehalten hat, durfte Sportgeschichte miterleben.

Packender Super Bowl von Anfang bis Ende

Das grösste Einzelsportereignis des Jahres hat nicht enttäuscht. Casual-Fans kamen mit einer mitreissenden Halbzeitshow von R&B-Sänger Usher, Swifties währenddessen mit reichlich Bildschirmzeit von Taylor Swift auf ihre Kosten. Derweil war das Football-Spiel geprägt von zahlreichen Drehungen und Wendungen.

Angefangen im ersten Viertel, als 49ers-Kicker Jake Moody aus 55 Yards das längste Field Goal der Super-Bowl-Geschichte erzielte, nur um dann im zweiten Viertel von Chiefs-Pendant Harrison Butker um zwei Yards überboten zu werden.

Spielerisch waren es die 49ers, die in der ersten Halbzeit den Takt angaben. Einen schmerzhaften Ballverlust in der Redzone von Running Back Christian McCaffrey im ersten Drive machte dieser im zweiten Viertel mit dem ersten Touchdown der Partie vergessen. Cheftrainer und Playcaller Kyle Shanahan griff dann im zweiten Viertel tief in die Mottenkiste, als er einen gewagten Doppelpass-Spielzug mit Wide Receicer Jauan Jennings beorderte. Der dritte Receiver der Niners warf ausgerechnet im Super Bowl den ersten Touchdown seiner NFL-Karriere.

Chiefs machen zweistelligen Rückstand wett

Inmitten aller Starpower der Niners war es denn auch der sonstige Nebendarsteller Jennings, der immer wieder mit explosiven Spielzügen herausstach. Während die beiden Weltklasse-Receiver Brandon Aiyuk und Deebo Samuel von Chiefs-Passverteidigern Trent McDuffie und L’Jarius Sneed beschattet und weitgehend aus dem Spiel genommen wurden, konnte sich der 26-jährige Jennings immer wieder freilaufen. In der zweiten Halbzeit fing er dann den zweiten Touchdown der 49ers und wurde somit zum ersten Receiver der Super-Bowl-Geschichte mit einem Passing- und Receiving-Touchdown.

Super Bowl
Hier war die Welt der 49ers noch in Ordnung: Star-Runningback Christian McCaffrey bringt sein Team in Führung. - keystone

Derweil starteten die Chiefs nach einer schwachen ersten Halbzeit mit nur drei Punkten noch miserabler in die zweite Hälfte. Quarterback Patrick Mahomes überwarf kurz nach Wiederanpfiff Lieblingsanspielstation Travis Kelce und verbuchte seine fünfte Super-Bowl-Interception. Die Niners konnten allerdings keinen Profit aus Mahomes’ Malheur schlagen und mussten nach einigen Eigenfehlern den ersten Touchdown der Chiefs einstecken. Patrick Mahomes fand im dritten Quarter den zuletzt oft getadelten Marquez Valdez-Scantling in der Endzone und brachte die Chiefs erstmals mit 13-10 in Führung.

Mit Jennings Receiving-Touchdown im vierten Viertel schwang das Pendel dann wieder in Richtung Niners, allerdings blockten die Chiefs den Extrapunkt von Kicker Moody und das Spiel stand bei 16-13. Das Special-Teams-Play soll den Weg zur zweiten Super-Bowl-Verlängerung der Geschichte ebnen. Die Chiefs glichen kurz vor Schluss mit einem Field Goal aus.

Sackstarke 49ers-Defensive kann Mahomes-Zug nicht aufhalten

In seinem ersten Super-Bowl-Besuch zeigt Niners-Quarterback und letztjähriger «Mr. Irrelevant» Brock Purdy eine mehr als solide Leistung. Er bleibt weitgehend fehlerlos, doch überwirft in der Verlängerung Jauan Jennings bei dritter und lang kurz vor der Endzone und San Francisco muss sich mit einem Field-Goal begnügen.

Die sonst so überragende Niners-Defensive kann dann Patrick Mahomes nicht davon abhalten, in acht Minuten über das gesamte Feld zu marschieren. Zweifellos wird ihr der Verlust von Linebacker Dre Greenlaw zum Verhängnis. Dieser reisst sich im zweiten Viertel beim Versuch, das Feld zu betreten, ohne Fremdeinwirkung die Achillessehne.

Haben Sie sich den Super Bowl angesehen?

Ohne ihn auf dem Platz erwacht Chiefs-Tight-End Travis Kelce aus dem Tiefschlaf (1 Catch für 1 Yard in Halbzeit 1) und fängt ab der zweiten Halbzeit 8 Pässe für 92 Yards. Schliesslich ist es dann Passempfänger Mecole Hardman, der in Extremis den alles entscheidenden Touchdown von Patrick Mahomes fängt.

Trio Reid-Kelce-Mahomes unschlagbar

Das Trio Reid-Mahomes-Kelce gewinnt nach 2019 und 2022 zum dritten Mal den Super Bowl. Sie sind der Kern einer Erfolgsformel, die einfach immer aufzugehen scheint.

Für Cheftrainer Andy Reid ist es der vierte Titel seiner Karriere, nachdem er bereits mit den Packers 1997 als Assistenztrainer den Weltmeistertitel gewinnen konnte. Mit dem dritten Super Bowl als Chefcoach zieht er mit Trainerlegenden Chuck Noll (Washington Redskins) und Bill Walsh (San Francisco 49ers) gleich.

Patrick Mahomes krönt eine turbulente, statistisch nur mittelmässige Saison mit einer herausragenden Einzelleistung im entscheidenden Spiel. Neben 333 Pass-Yards erläuft Mahomes – vor allem bei wichtigen dritten oder vierten Versuchen – zusätzlich 66 Yards über den Boden. Mit 399 Total-Yards stellt er die vierthöchste Marke auf, die je in einem NFL-Endspiel erreicht wurde.

Mahomes
Chiefs-Quarterback Patrick Mahomes mit der Lombardi Trophy. Es ist sein dritter Titel. - keystone

Völlig zurecht gewinnt er die Auszeichnung zum Besten Spielers des Super Bowls und wird damit zum ersten Sportler aller grossen amerikanischen Sportligen, der eine Final-MVP-Auszeichnung zum dritten Mal erhält.

Und schliesslich ist da Travis Kelce, der in der zweiten Halbzeit ordentlich aufdreht. Mit wichtigen Catches in wichtigen Momenten macht er sich bei Millionen von Swift-Fans unsterblich – auch wenn sein cholerischer Anfall gegen den eigenen Trainer im ersten Viertel zu reden geben wird.

Chiefs endgültig mit «Dynastie»-Label

Mit dem Sieg im Super Bowl 58 können diese Chiefs nun endgültig das Label «Dynastie» für sich in Anspruch nehmen. Die Chiefs der 2020er erinnern in ihrer Dominanz an Mannschaften wie die 80er-49ers, 90er-Cowboys und 2000er-Patriots.

Dabei war Kansas City über weite Teile der Saison für einmal alles andere als dominant. Receiver-Probleme und ein sterblicher Mahomes weckten Zweifel an den Super-Bowl-Hoffnungen der Chiefs. Sie beendeten die Saison nur auf Platz drei in der AFC – erstmals musste Mahomes in den Playoffs auswärts ran. Es sah so aus, als würde die Gunst der Stunde heuer einer anderen Mannschaft gehören.

Doch dann drehten die Chiefs in den Playoffs den Schalter um: Die Drop-Probleme der Passempfänger wurden gebändigt und eine bärenstarke Defensive hielt vier Top-5-Offensiven bei durchschnittlich 16 Punkten pro Spiel. So verwundert dieser historische Playoff-Run trotz anfänglicher Zweifel kaum jemanden. Wenn uns diese Saison eines gelehrt hat, dann ist es, nie die Chiefs abzuschreiben.

49ers: Das Zeitfenster schwindet

Während die Chiefs in neue Sphären vorstossen, ist die Ernüchterung bei den San Francisco 49ers riesig. Seit der Niederlage gegen die Chiefs in Super Bowl 54 haben die 49ers reichlich Starpower an die Westküste geholt. Entsprechend hoch waren heuer die Hoffnungen auf den ersten Super Bowl seit 30 Jahren. Nun verwehren ihnen die Chiefs das Ende dieser Durststrecke zum zweiten Mal. Letztlich müssen sich die Niners an der eigenen Nase nehmen.

Allen voran Kyle Shanahan: Während der 44-jährige Cheftrainer vor allem in der ersten Halbzeit dank mutiger Spielzüge und gutem Spielmanagement alles unter Kontrolle zu haben schien, bricht seine Mannschaft ab der zweiten Halbzeit ein – ein altbekanntes Phänomen unter Shanahan.

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Kyle Shanahan muss sich im Super Bowl erneut geschlagen geben. - keystone

Er findet kein Mittel gegen die frequenten 3rd-Down-Blitzes der Chiefs-Defensive, dessen Verteidigungslinie Brock Purdy zwar nur einmal sackt, ihn allerdings immer wieder unter Druck setzen kann – so auch beim entscheidenden Pass auf Jauan Jennings, den Purdy in der Verlängerung überwirft. Bitter für Shanahan: Als Playcaller in Super Bowls hat er nun eine Bilanz von 0-3.

Einen Hoffnungsschimmer bietet die Tatsache, dass Brock Purdy sich in seiner ersten ganzen NFL-Saison als klare Nummer 1 profilieren konnte. Ausserdem werden voraussichtlich alles Leistungsträger auch in der nächsten Saison für die Niners auflaufen. Gleichwohl wird die NFC nächstes Jahr nicht leichter. Und Brock Purdy wird nicht mehr lange für Mindestlohnkonditionen spielen wollen. Dieses All-Star-Roster wird schwer zu halten sein, wenn Purdy gerecht bezahlt wird.

Das goldene Zeitfenster schwindet – und es scheint, als hätten die 49ers eine einmalige Chance verpasst. Es steht eine lange Offseason an.

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