Noch nie waren Finnlands Fussballer bei einer Welt- oder Europameisterschaft dabei. Nun bietet sich die vielleicht einmalige Chance. Finnlands Fussballer können Sportgeschichte schreiben und der Hype im hohen Norden ist gross - vor allem um einen Mann.
Teemu Pukki (M) will mit seinen Finnen das EM-Ticket lösen. Foto: Markku Ulander/Lehtikuva/dpa
Teemu Pukki (M) will mit seinen Finnen das EM-Ticket lösen. Foto: Markku Ulander/Lehtikuva/dpa - dpa-infocom GmbH
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Das Wichtigste in Kürze

  • Auf den Schultern von Teemu Pukki ruhen die sportlichen Hoffnungen einer ganzen Nation.

Der frühere Bundesliga-Profi von Schalke 04 soll endlich Finnlands Sehnsucht nach der ersten Teilnahme an einem grossen Fussball-Turnier stillen und Suomi zur EM 2020 schiessen.

Mit einem Sieg gegen Liechtenstein am Freitag können Pukki & Co. das Ticket lösen - und damit Sportgeschichte für ihr Land schreiben. «Mein grosser Traum ist es, einmal bei der Endrunde dabei zu sein. Jetzt haben wir eine grossartige Gelegenheit, diesen Job zu erledigen», sagte der Stürmer vom englischen Premier-League-Club Norwich City. «Ich verspreche: Wir werden es schaffen!»

Im hohen Norden Europas, wo der Fussball bisher stets im Schatten der Nationalsportart Eishockey stand, ist die Euphorie riesig. Die lediglich 11.000 Zuschauer fassende Arena in Töölö am Rande der Hauptstadt Helsinki - wo wegen des bevorstehenden Winters auf Kunstrasen gespielt wird - ist seit Wochen ausverkauft. Überall im Land werden die Fans beim Public Viewing ihren neuen Lieblingen die Daumen drücken, das Fernsehen überträgt live, was in Finnland nicht so selbstverständlich ist wie in Deutschland.

Den grössten Anteil an dem Hype hat der momentan beste Fussballer im Land der tausend Seen - Pukki. Sieben Tore hat der 29-Jährige in den bisherigen Qualifikationsspielen erzielt und dafür gesorgt, dass die Finnen zwei Spieltage vor Schluss mit 15 Punkten hinter Italien (24) auf Rang zwei der Gruppe J stehen - fünf Zähler vor den Verfolgern Bosnien-Herzegowina und Armenien.

Richtig wohl fühlt sich Pukki, den sie in der Heimat Superpommittaja - den Super-Bomber - nennen, in der Rolle des Stars noch nicht. Doch entziehen kann er sich ihr nicht. Niemand stehe über den anderen, betonte er zu Wochenbeginn auf einer Pressekonferenz und sass doch ganz allein im Blitzlichtgewitter der Fotografen auf dem Podium. Torwart Lukas Hradecky vom Bundesligisten Bayer 04 Leverkusen wird zwar oft gelobt, das Rampenlicht aber gehört Pukki.

«Er ist jemand, den jeder zu lieben scheint», sagte Finnlands Ex-Nationalspieler Aki Riihilahti, der einst auch beim 1. FC Kaiserslautern am Ball war, unlängst über den neuen Sportliebling. «Er wurde als der finnische Retter angenommen, der uns in das gelobte Land bringt.»

Dabei kam Pukkis Karriere nur langsam in Fahrt. Schon mit 18 verliess er die Heimat, schaffte beim FC Sevilla aber nicht den Durchbruch und kehrte 2010 zu HJK Helsinki nach Finnland zurück. Ein Jahr später wurde Schalke auf ihn aufmerksam, als Pukki in der Europa-League-Qualifikation gleich dreimal gegen den Bundesligisten traf. Zwar avancierte Pukki in Gelsenkirchen zum Publikumsliebling - sportlich hinterliess er aber ebenso wenig Spuren wie später bei Celtic Glasgow und Brøndby IF.

Erst der Wechsel zu Norwich City brachte die Wende. Mit 29 Toren wurde er in der Vorsaison nicht nur Torschützenkönig der zweiten englischen Liga, sondern auch zum Spieler des Jahres gekürt. Seinetwegen pilgern seine Landsleute in Scharen nach England - in Norwich ist die Zahl der Hotelbuchungen aus Finnland zwischen Januar und September gegenüber dem Vorjahr um 150 Prozent gestiegen.

Pukki ist der Rummel um seine Person eher unangenehm. Er preist lieber die Vorzüge der Mannschaft an. «Wir haben ein Team mit einem hohen Mass an Können und Mentalität», schwärmte er von Nationalmannschafts-Kollegen und versprach den Fans: «Wenn wir auf unserem Niveau spielen, gewinnen wir das Match.» Sollte das EM-Ticket erstmals gelöst werden, dürfte es am Freitagabend ähnliche Jubel-Szenen geben wie im Mai nach Finnlands Triumph bei der Eishockey-WM. «Dann wird es verrückt», prophezeite TV-Experte Riihilahti eine XXL-Party.

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