Granit Xhaka (30) ist bereits wieder mitten drin im Liga-Alltag mit Leader Arsenal. Doch das WM-Aus und die Diskussion um sein Amt beschäftigten ihn lange.
Granit Xhaka
Granit Xhaka spricht über die Captain-Diskussion. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Drei Wochen nach dem Aus der Schweizer Nati an der WM spricht Granit Xhaka.
  • Der Nati-Captain äussert sich über sein Amt und die Kritik an seiner Person.
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Etwas mehr als drei Wochen nach dem 1:6 gegen Portugal spricht Granit Xhaka erstmals über das Achtelfinal-Debakel der Schweiz. Im Interview mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA äussert sich der SFV-Captain ausführlich zur WM in Katar.

Granit Xhaka
Nach der WM ging es für Granit Xhaka und Arsenal bereits weiter – die Gunners bezwingen West Ham in der Premier League. - Keystone

Granit Xhaka, haben Sie es geschafft, nach dem bitteren Out vor dem TV-Gerät mit der WM in Verbindung zu bleiben?

Granit Xhaka: Ich habe mir alle Spiele angeschaut, nicht nur den Final. Einen spektakuläreren Final hätte man sich kaum vorstellen können. Grossartig, wow! Argentinien schrammte wie gegen Holland haarscharf am Knock-out vorbei.

Und hätte Martinez diese unfassbare Parade nicht gemacht in der 123. Minute, wäre es für die Argentinier bitter ausgegangen.

Zurück zu Ihnen. Was blieb haften vom Achtelfinal-Debakel gegen Portugal?

Granit Xhaka: Ganz ehrlich, ich brauchte mehrere Tage, um dieses Resultat zu verarbeiten. Es war ein ganz komisches Spiel. Nur schon die massive Differenz bei der Laufleistung fällt auf: Die Portugiesen liefen zehn Kilometer mehr, so hat man in einem Achtelfinal im Normalfall keine Chance.

Die Frage nach dem ‹Warum› bleibt. Der Auftritt war im wichtigsten WM-Moment diffus.

Granit Xhaka: Die Portugiesen waren frischer, ausgeruhter. Sie tauschten acht Positionen aus im Vergleich zum letzten Gruppenspiel. Wir hatten angeschlagene Spieler, aber wenig Optionen. Und ganz klar: Das intensive Duell mit Serbien kostete richtig viel Kraft und Energie im mentalen Bereich.

Granit Xhaka
Granit Xhaka hatte lange an der Pleite gegen Portugal zu kauen. - Keystone

Sie sprechen den hohen Energieverlust selber an. Viele Beobachter wiesen auf Parallelen zum WM-Verlauf 2018 hin. Auch damals folgte nach einem spektakulären Gruppen-Finish gegen die Serben eine schwache Leistung im Achtelfinal, seinerzeit gegen Schweden.

Granit Xhaka: Lassen Sie mich etwas ausholen. Der diesjährige WM-Auftakt gegen Kamerun (1:0) war ganz okay, mehr nicht. Hätten wir so weitergespielt, wären wir wohl bereits gegen Brasilien untergegangen, und gegen Serbien wäre es nicht gut herausgekommen.

Dann kam die nötige Steigerung – eine sehr gute Defensiv-Leistung gegen einen der Turnierfavoriten (Brasilien). Und eine riesige Leistung gegen die Serben, die ich viel höher einstufe als beim Vergleich vor vier Jahren in Russland. Wir mussten entsprechend ans Limit gehen.

In der Analyse spielten einige Beobachter auf den Mann. TV-Mann Sascha Ruefer stiess eine öffentliche Debatte an, ob Sie künftig noch der richtige Captain für die Schweizer Mannschaft seien. Wie ist diese Kritik bei Ihnen angekommen?

Granit Xhaka: Mich stört, dass sie nicht professionell genug sind, im Zusammenhang mit mir über Fussball zu sprechen. Es geht plötzlich um andere Themen. Ich will ihnen eigentlich gar keine weitere Aufmerksamkeit schenken und ihre Aussagen kommentieren. Wenn sie aber das Gefühl haben, dass ich nicht der richtige Captain sei, kümmert mich das nicht weiter.

Sascha Ruefer
SRF-Kommentator Sascha Ruefer hat öffentlich das Captain-Amt von Granit Xhaka hinterfragt. - Keystone

Sie bleiben Captain?

Granit Xhaka: Ich bin nicht als Captain geboren, das Bändeli ist nicht das Ergebnis von einem guten Spiel. Dahinter steckt jahrelange harte und ehrliche Arbeit. Ich habe im Verlauf meiner Karriere schon viele grosse Steine aus dem Weg geräumt.

Auf mich kann weder in der Schweiz noch im Ausland einer mit dem Finger zeigen, ich hätte zu wenig gemacht. Ich bin brutal stolz auf meinen Weg. Und etwas sollten die Experten nie vergessen: Im Fussball wird alles auf dem Platz entschieden, aber nichts im TV-Studio.

Ist Granit Xhaka der richtige Captain für die Schweizer Nati?

Es gibt Kritiker, die Ihnen vorwerfen, sie seien zu einflussreich, zu mächtig. Andere Spieler würden sich nicht trauen, die Meinung zu sagen.

Granit Xhaka: Vor mir muss keiner Angst haben, mir geht es nicht um Personalpolitik, mir geht es um Fortschritte. Ich will gewinnen, im Training, im Spiel, immer. Ich versuche, allen zu vermitteln, dass es nicht reicht, einfach nur dabei zu sein. Mit einem Breel (Embolo) und Ricci (Ricardo Rodriguez) gehe ich genauso hart ins Gericht wie mit allen anderen.

Primär geht es mir darum, dem Team zu helfen. Es geht um die Leistung, um grosse Ziele, um nichts anderes. Das sind keine Machtspielchen. Ich will Erfolg! Es geht dabei nicht um Granit, um Breel oder um Akanji, sondern um die Schweizer Mannschaft. That’s it, ganz simpel.»

WM 2022
Granit Xhaka provoziert die serbische Bank. - SRF

Ihr Vater und eine kosovarische Aktivistin prallten im Rahmen einer TV-Show verbal aufeinander. Die Story kam innert Kürze und am Tag des WM-Achtelfinals in den Schweizer Headlines an. Wie sehr absorbierten Sie diese Schlagzeilen?

Granit Xhaka: Es ging den Beteiligten um Aufmerksamkeit. Sie hat ein hartes Wort gegen mich verwendet. Es ging plötzlich um die Erziehung meiner Eltern. Ich selber wollte mich nicht dazu äussern.

Mein Vater hat sich gemeldet, die Geschichte wurde grösser dargestellt, als sie effektiv war. Vor vier, fünf Jahren hätte mich eine solche Entwicklung womöglich belastet. Jetzt versuche ich, alles ein bisschen einzuordnen.

Granit Xhaka
Granit Xhaka will Captain der Schweizer Nati bleiben. - Keystone

Überlegt man sich in einer ruhigen Minute auch mal: Brauche ich das alles noch? Oder anders gefragt: Belastet Sie das Getöse rund um das Nationalteam in einem ungesunden Mass?

Granit Xhaka: Es kommt darauf an, wer sich öffentlich über mich äussert. Das wäge ich schon auch ab. Wer mir seine Wahrheit nie direkt ins Gesicht sagt, der spielt für mich keine Rolle, das sind für mich Fake-Leute. Auf die habe ich noch nie gewartet und nie gehört – und werde das auch in Zukunft nicht tun.

Ich habe 111 Länderspiele gemacht für dieses Land. Darauf bin ich stolz. Wie andere die Fakten beurteilen, liegt nicht in meiner Hand. Aber so schnell werden mich die Kritiker nicht los (lacht).

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