Erstmals in der Geschichte des deutschen Profi-Fussballs wird ein Spiel nach einem rassistischen Vorfall abgebrochen. Das sorgt für Aufregung und wirft viele juristische Fragen auf. Wie geht es weiter?
Der Osnabrücker Angreifer Aaron Opoku (r) war von einem Duisburger Zuschauer angefeindet worden. Foto: Revierfoto/dpa
Der Osnabrücker Angreifer Aaron Opoku (r) war von einem Duisburger Zuschauer angefeindet worden. Foto: Revierfoto/dpa - dpa-infocom GmbH
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Das Wichtigste in Kürze

  • Das Entsetzen über den Rassismus-Vorfall beim Spiel des MSV Duisburg gegen den VfL Osnabrück ist noch immer gross.

Doch auch einen Tag nach dem Abbruch der Partie demonstrieren die beiden Fussball-Drittligisten grosse Einigkeit.

In einer gemeinsamen Erklärung haben sich die beiden Clubs für eine Wiederholung des Spiels ausgesprochen.

«Gestern ist ein deutliches Zeichen gegen Rassismus gesetzt worden», sagte der MSV-Präsident Ingo Wald. «Gemeinsam mit dem VfL wünschen wir uns allerdings auch, dass der Fussball aus dieser Situation als Gewinner und nicht als Verlierer vom Platz geht. Deshalb halten wir ein Wiederholungsspiel im Sinne des Sports für die einzig richtige Entscheidung.»

Der Osnabrücker Spieler Aaro Opoku war am Sonntag von einem Duisburger Zuschauer rassistisch beleidigt worden. Als erstes Spiel in einer der drei deutschen Profiligen wurde das Duell der beiden Traditionsclubs aus fremdenfeindlichen Gründen erst unter- und dann abgebrochen.

Vereine wollen Wiederholungsspiel

«Sportrechtlich liegt nun die Verantwortung für das weitere Verfahren zunächst bei den entsprechenden Instanzen des Deutschen Fussball-Bundes», heisst es in der Mitteilung beider Clubs. Sie wollen einer Entscheidung des DFB nicht vorgreifen. «Wir sind aber überzeugt, dass es im Sinne der Arbeit für Toleranz und Mitmenschlichkeit geboten ist, eine sportliche Entscheidung auf dem grünen Rasen herbeizuführen und im Kontext eines möglichen Wiederholungsspiels gemeinsam mit dem DFB, den Clubs und den Fans ein weiteres Zeichen der Solidarität und gegen Rassismus zu setzen.»

Auch der Osnabrücker Präsident Holger Elixmann meinte: «Weder der MSV Duisburg noch der VfL Osnabrück sollten für das Fehlverhalten eines Zuschauers bestraft werden.» Der Abbruch des Spiels sei ein Zeichen gegen Rassismus und für Menschlichkeit gewesen «und dieses klare Statement sollte aus unserer Sicht durch die Ansetzung eines Wiederholungsspiels verstärkt werden.»

Der Spielabbruch hatte für ein starkes Echo gesorgt - auch über den Fussball hinaus. «Probleme wie Ausgrenzung und Diskriminierung im Sport gehören ins Zentrum der öffentlichen Debatte. Wir haben hier noch reichlich Nachholbedarf», kommentierte NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) am Montag.

Die Entscheidung, die die Partie nach der mutmasslichen Beleidigung eines 55 Jahre alten Zuschauers gegen den Osnabrücker Profi Aaron Opoku abzubrechen, stiess auf grosse Zustimmung. «Indem man so was macht, zeigt man: Mit uns geht das nicht mehr. Wir haben die Schnauze voll von euch Vollidioten», sagte der DFB-Botschafter und frühere Nationalspieler Jimmy Hartwig (67) im NDR-Fernsehen.

Politik reagiert

Ähnliche Reaktionen wie von Hartwig gab es auch aus der Politik. So sprach die neue Integrationsbeauftragte der Bundesregierung Reem Alabali-Radovan (SPD) von einer «konsequent richtigen Entscheidung». Nicht minder deutlich äusserte sich Wüst: «Wenn Menschen in ihrer Würde verletzt werden, kann man nicht einfach wieder anpfeifen. Aaron Opoku hat unsere volle Solidarität.»

Lobende Worte fand der CDU-Politiker auch für die Reaktion von einigen der gut 7000 Fans im Duisburger Stadion, die nach dem Vorfall «Nazis Raus» skandiert und zu Identifizierung des Beschuldigten beigetragen hatten: «Die Reaktion der grossen Mehrheit der Fans im Stadion und der Abbruch des Spiels waren starke Signale gegen Rassismus.» Das für den Sport zuständige Bundesinnenministerium würdigte die Reaktionen als «vorbildhaft».

Die Solidarität der Fans dürfte Opoku ein wenig Trost gespendet haben. «Ich fand es super und überragend von beiden Fanlagern, was sie gerufen haben und wie sie sich solidarisiert haben», sagte VfL-Sportdirektor Amir Shapourzadeh am Montag in einem Video-Interview der «Neuen Osnabrücker Zeitung».

Nach Angaben der Duisburger Polizei dauern die Ermittlungen an. «Der Beschuldigte hat sich geäussert. Darüber hinaus werden Videos gesichtet und weitere Zeugen befragt», sagte eine Polizeisprecherin. Dabei soll geprüft werden, ob es - wie vom Schiedsrichter angegeben - auch Affenlaute gegeben hat. Die Polizei hatte umgehend Anzeige erstattet. Eine Beleidigung kann eine Geldstrafe oder eine Haftstrafe bis zu einem Jahr nach sich ziehen.

Allerdings gibt es laut Polizei auch Zeugenaussagen, dass «ein anderer Spieler gemeint gewesen sein» könnte. Demnach wäre nicht Aaron Opoku, sondern VfL-Spieler Florian Kleinhansl Ziel der Schmähungen gewesen. Der Abwehrspieler hatte sich wie Opoku in der Nähe der Eckfahne aufgehalten.

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