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Eskalation droht: Durchhaltestrategie von DFB-Boss Keller

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Deutschland,

Im Sommer 2019 steht Fritz Keller für einen Aufbruch in eine neue DFB-Zeit. Nun droht dem Winzer nach seinem Nazi-Vergleich ein ähnlich skandalumtostes Ende wie manchem Vorgänger.

DFB-Präsident Fritz Keller gerät zunehmend unter Druck nach seiner verbalen Entgleisung. Foto: Patrick Seeger/dpa
DFB-Präsident Fritz Keller gerät zunehmend unter Druck nach seiner verbalen Entgleisung. Foto: Patrick Seeger/dpa - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Um Fritz Keller ist es sehr schnell recht einsam geworden.

Nur eineinhalb Jahre nach einem Traumstart ohne Gegenstimme ist der DFB-Präsident nach einem Nazi-Vergleich an einem derartigen Tiefpunkt angelangt, dass sich unweigerlich die Fragen stellen.

Wie lange kann Keller den öffentlichen Druck aushalten? Und war die schwere verbale Entgleisung der eine Fehltritt zu viel, der eine weitere Zusammenarbeit in den dauerkrisengeplagten und heillos zerstrittenen Führungsgremien des Deutschen Fussball-Bundes ab sofort unmöglich machen?

Keller schliesst derzeit noch einen Rücktritt aus und will sich zumindest bis zu einem vorgezogenen DFB-Bundestag im Amt halten. Er hofft wohl, dass der Sturm der Kritik bald nachlässt. Der 64 Jahre alte Winzer hatte seinen Vizepräsidenten Rainer Koch bei einer Präsidiumssitzung am vergangenen Freitag nach übereinstimmenden Berichten von «bild.de» und «Der Spiegel» mit Nazi-Richter Roland Freisler verglichen. Der DFB äusserte sich nicht zu Einzelheiten, bestätigte allerdings eine Entschuldigung Kellers.

Für den als Fussball-Reformer angetretenen Keller ist der Fehltritt ein schwerer Schlag, der ihn das Vertrauen und den Rückhalt derer kosten könnte, die ihn bisher gestützt haben. Unisono verurteilten mehrere Landesverbände sowie die Deutsche Fussball Liga, die im Machtkampf mit Generalsekretär Friedrich Curtius eher dem Lager des Präsidenten zugerechnet werden, die Aussagen.

Rücktrittsforderungen gab es hingegen kaum, was weniger an der Schwere der Aussagen, sondern mehr an der Gesamtsituation des DFB liegen dürfte. Viele Vertreter wollen erst recht nicht, dass die andere Seite um Koch und Curtius als Sieger aus dem öffentlich und eifrig ausgefochtenen Duells hervorgehen. Das Duo ist beim grössten nationalen Sportfachverband der Welt schon lange in der Verantwortung und blieb es auch stets, wenn an der Spitze Präsident um Präsident ins Aus stolperte.

Für Curtius, der in der Verbandszentrale in Frankfurt über eine gewisse Hausmacht verfügt, war Kellers bislang schwerster Fehler eine Art Steilvorlage. Der Generalsekretär zeigte die Verfehlung nach «Spiegel-Informationen» direkt der DFB-Ethikkommission an und legte am Dienstag in einem gemeinsamen Statement mit Schatzmeister Stephan Osnabrügge nach.

Man distanziere sich «deutlich» und habe «grosses Vertrauen darauf», dass das Gremium mit der «Entscheidung die Glaubwürdigkeit des DFB wiederherstellen wird». Eine grössere Chance, den inzwischen nicht mehr gewollten Präsidenten loszuwerden, dürfte sich für Curtius so schnell nicht wieder ergeben.

Der 1945 gestorbene Freisler, mit dem Keller in der Sitzung vom Freitag den Funktionärskollegen Koch verglich, war als Teilnehmer an der Wannseekonferenz einer der Verantwortlichen für die Organisation des Holocaust und später Präsident des berüchtigten Volksgerichtshofes, wo er etwa 2600 Todesurteile verhängte, darunter auch gegen die Widerstandsgruppe «Weisse Rose» um Sophie Scholl.

Keller, der als Präsident des SC Freiburg als grosser Hoffnungsträger von Profis, Amateuren und Funktionären galt, droht nun ein ähnlich skandalumtoster Abgang wie seinen Vorgängern Wolfgang Niersbach und Reinhard Grindel, dessen Rücktritt gerade einmal zwei Jahre her ist. So geräuschlos und sauber, wie sich Keller seine Aufräumarbeiten beim DFB vorgestellt hatte, verliefen diese aber auch vor der Entgleisung vom Freitag nicht.

Als das Patenkind von Fritz Walter im Herbst 2019 antrat und direkt eine Generalinventur ankündigte, hatte Stellvertreter Koch noch gesagt: «Es ist an der Zeit, der Fussballwelt zu zeigen, dass der DFB ein vertrauenswürdiger Partner und Gastgeber der EM 2024 ist.» Stattdessen: Weiterer Steuerärger, ständige Machtspielchen, ein Dauerzwist auf Funktionärsebene und nun Kellers Tiefpunkt, der dafür sorgen könnte, dass DFB und DFL schon bald die nächste Einberufung einer Präsidentenfindungskommission bevorstehen könnte.

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